Eine Einrichtung i.S.d. § 7 Abs. 4 SGB II nach der ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, liegt nicht vor bei einer Vollzugslockerungsmaßnahme in Form eines ambulanten betreuten Wohnens.
So hat das Sozialgericht Karlsruhe in dem hier vorliegenden Fall der Klage eines Mannes stattgegeben, der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II begehrt hat. Nachdem der Kläger zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, erfolgte im Anschluss ein Maßregelvollzug gem. § 62 StGB im Zentrum für Psychiatrie, sodann im Rahmen einer sog. „extramuralen Belastungserprobung“ eine medizinische Rehabilitation im Lebenszentrum E. In einer vom Lebenszentrum E. angemieteten Wohnung („ambulant betreutes Wohnen“) ist der Kläger zum 1. März 2018 in ein Zimmer eingezogen. Der Beklagte hat den Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II abgelehnt, denn er sei aufgrund der Fortdauer des Maßregelvollzugs vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen. Gegen diese Entscheidung hat sich der Betreffende mit seiner Klage gewehrt.
Nach den Ausführungen des Sozialgerichts Karlsruhe in seiner Urteilsbegründung erhalte zwar nach dem SGB II keiner Leistungen, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht sei, wobei diesem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt sei (§ 7 Abs. 4 SGB II). Dazu führt das Sozialgericht aus, von einer Unterbringung in einer stationären Einrichtung sei nur auszugehen, wenn der Träger der Einrichtung nach Maßgabe seines Konzeptes die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und die Integration des Hilfebedürftigen übernehme.
Bei dem Kläger sei das hier trotz noch nicht erfolgter formeller Entlassung aus dem Maßregelvollzug nicht mehr der Fall. Der Kläger sei mietvertraglich verpflichtet, seine Unterkunft zu bezahlen und habe auch selbst für Verpflegung und Hygiene zu sorgen. Seinen Lebensunterhalt müsse er eigenständig sicherstellen. Betreuungsleistungen durch das Lebenszentrum E. erfolgten nur noch in sehr reduziertem Umfang (Einzelgespräch etwa alle zwei Wochen, Krisenintervention, Angehörigengespräche, sonstige Unterstützung bei Kontakten mit Arbeitgebern und Sozialleistungsträgern nur bei Bedarf). Nach Auffassung des Sozialgerichts Karlsruhe sei mit dem Umzug in die betreute Wohngemeinschaft die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung daher auf den Kläger übergegangen.
Da der Kläger sich nicht mehr in einer Einrichtung i.S.d. § 7 Abs. 4 SGB II aufhalte, liegt auch kein Ausschluss auf einen Leistungsanspruch nach dem SGB II vor.
Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 21. November 2019 – S 15 AS 1464/18