Darlehn für die Anschaffung eines Fernsehers

Nach § 23 Abs. 1 SGB II erbringt der Grundsicherungsträger bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen, wenn im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Ein solches Darlehen setzt nach dem Gesetz voraus, dass der Bedarf „unabweisbar“ ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Abdeckung des Bedarfs keinen Aufschub duldet, d. h. wenn eine Gefährdungslage für das sozialstaatlich unabdingbar gebotene Leistungsniveau entsteht1.

Ein solcher Fall ist nur in engen Ausnahmekonstellationen anzunehmen, namentlich etwa dann, wenn mehrere größere Anschaffungen erforderlich sind bzw. eine (Neu-) Beschaffung mangels ausreichender Ansparungen nicht möglich ist2.

Diese Voraussetzungen sah das Sozialgericht Stuttgart bei der Ersatzbeschaffung eines Fernsehgerätes als nicht gegeben an: Der Kläger verfügte sowohl über ein monatliches (Neben-) Einkommen von 100 € brutto. Vor diesem Hintergrund war und ist es ihm zumutbar, von der Regelleistung die Kosten für einen gebrauchten Fernseher anzusparen. Ein entsprechendes (Gebraucht-) Gerät ist jedenfalls für unter 100 € im Handel bzw. über Kleinanzeigen usw. erhältlich3 In Ansehung dessen war und ist es dem Kläger möglich, einen entsprechenden Betrag innerhalb kürzester Zeit – hier: ein Monat – über sein Nebeneinkommen bzw. über die Regelleistung anzusparen. So viel Aufschub duldet die Anschaffung eines Fernsehgerätes auch unter Berücksichtigung des grundrechtlich verbürgten Informationsbedürfnisses.

Ergänzend weist das Sozialgericht Stuttgart darauf hin, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag bereits zweimal aus eigenen Kräften in der Lage war, sich ein Ersatzfernsehgerät zu beschaffen. Warum ihm dies nunmehr unzumutbar sein sollte, ist nicht nachvollziehbar. Aus dem Umstand, dass ihm in der Vergangenheit bereits zwei Gebrauchtgeräte kaputt gegangen sind, folgt nichts Abweichendes, insbesondere kein Darlehensanspruch zur Beschaffung eines (fabrik-) neuen bzw. hochpreisigeren Fernsehgerätes. Es ist kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, dieses allgemeine Verschleißrisiko auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Der Verweis auf ein Gebrauchtgerät entspricht vielmehr einem üblichen und dem Hilfebedürftigen abzuverlangenden sparsamen Verhalten4.

Sozialgericht Stuttgart, Beschluss vom 10. Mai 2010 – S 24 AS 3424/09

  1. vgl. nur Münder , in: LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 23 Rz. 9; Schmidt , in: Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 23 SGB II Rz. 16 b (Stand: Februar 2008) m. w. N. zur Rspr.[]
  2. Lang/Blüggel , in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 23 Rz. 14, 19 f. unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien[]
  3. vgl. auch SG Bremen, Beschluss vom 02.09.2009 – S 23 AS 1526/09 ER; SG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.05.2009 – S 17 AS 388/06, m. w. N.[]
  4. siehe nur LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.04.2008 – L 19 AS 1116/06; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.02.2007 – L 2 B 261/06 AS ER; SG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.05.2009 – S 17 AS 388/06[]