Die Mietobergrenze in Hannover für Ein- und Zweipersonenhaushalte

Den Jobcentern ist bei der Festsetzung von Mietobergrenzen keine bestimmte Methode vorgegeben. So stellt das Vorgehen des Jobcenters Region Hannover, aus der Datengrundlage eines Mietspiegels mittels eines sog. Quantils eine Mietobergrenze zu bestimmen, eine von mehreren zulässigen Methoden dar.

Mit dieser Begründung hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in den hier vorliegenden Fällen für Bezieher von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II die Mietobergrenzen in der Landeshauptstadt Hannover für Einpersonenhaushalte (für die Zeit von August 2011 bis Mai 2012) und für Zweipersonenhaushalte (für die Zeit von September bis Dezember 2013) als rechtmäßig angesehen. In einem Fall (L 11 AS 1788/15) hatte sich eine alleinstehende, damals 21-jährige Leistungsbezieherin dagegen gewehrt, dass das Jobcenter in der Zeit von August 2011 bis Mai 2012 lediglich 354,00 Euro als monatliche Bruttokaltmiete übernommen hatte. Tatsächlich lag die Bruttokaltmiete der in Hannover-Linden gelegene Zweizimmerwohnung (51 qm Wohnfläche) bei 360,00 Euro. Das Jobcenter hielt die von der Klägerin gezahlte Miete für zu hoch, weil sie oberhalb der vom Jobcenter für Einpersonenhaushalte im Stadtgebiet Hannover auf 354,- Euro festgesetzten Mietobergrenze lag.

Im zweiten Berufungsverfahren (L 11 AS 611/15) akzeptierte das Jobcenter bei einem Ehepaar aus Hannover-Wülfel, für deren ca. 79 qm große Wohnung lediglich die auf 429,00 Euro festgesetzte Mietobergrenze und nicht die tatsächliche Bruttokaltmiete von 552,94 Euro (zzgl. Schmutzwasser).

Nach Auffassung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen sei das vom Jobcenter Region Hannover erstellte Konzept „Festlegung der Angemessenheitsgrenze gemäß SGB II und SGB XII für die 21 Kommunen der Region Hannover auf Basis der 21 qualifizierten Mietspiegel 2011“ in der entschiedenen Fallkonstellation (Einpersonenhaushalt in der Landeshauptstadt Hannover – August 2011 bis Mai 2012) nicht zu beanstanden. Bei der Erstellung dieses Konzepts habe das Jobcenter die Mindestvoraussetzungen beachtet, welche das Bundessozialgericht für derartige sogenannte „schlüssige Konzepte“ aufgestellt habe.

Im Einzelnen hat das Landessozialgericht darauf hingewiesen, dass die zur Ermittlung der Mietobergrenze herangezogenen Daten aus einem qualifizierten Mietspiegel stammten, so dass sie hinreichend repräsentativ und valide seien. Die bereits bei der Erstellung des Mietspiegels erfolgte Daten- und Extremwertbereinigung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Dies gelte auch für die mathematisch-statistische Auswertung der Daten, welche angesichts des Erhebungsstichtags (1. April 2010) für den streitbefangenen Zeitraum (August 2011 bis Mai 2012) auch hinreichend aktuell gewesen seien.

Weiterhin führte das Landessozialgericht aus, dass auch die konkrete Festsetzung der Mietobergrenze bei dem höchsten Mietwert des unteren Mietendrittels (sog. 33 %-Quantil) im vorliegenden Fall rechtmäßig sei. Dieser Grenzwert war von der Vorinstanz (Sozialgericht Hannover) als nicht nachvollziehbar angesehen worden. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vertritt eine anderslautende Rechtsauffassung und begründet das damit, dass den Jobcentern nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei der Festsetzung von Mietobergrenzen keine bestimmte Methode vorgegeben sei. Das Vorgehen des Jobcenters Region Hannover, aus der Datengrundlage eines Mietspiegels mittels eines sog. Quantils eine Mietobergrenze zu bestimmen, stelle eine von mehreren zulässigen Methoden dar. Der 33 %-Grenzwert erweise sich nicht als zu niedrig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts komme sogar eine Grenzziehung bei den unteren 20 % der Mieten in Betracht. Die 33 %-Grenze sei anhand der Mietpreise (und nicht nach Anzahl der berücksichtigten Mietwohnungen) gezogen worden, so dass sogar deutlich mehr als 33 % der repräsentativen Mietwerte innerhalb der Mietobergrenze gelegen hätten (nämlich 234 der 510 der bei der statistischen Auswertung berücksichtigten Mietwohnungen). Zusätzlich lägen die Mieten von mindestens 80 % der Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus innerhalb der vom Jobcenter festgesetzten Mietobergrenze. Bei Neuvermietungen lägen nach der vom Jobcenter vorgenommenen Auswertung sämtlicher im 2. Halbjahr 2010 öffentlich angebotenen Wohnungen insgesamt 56,9 % der Wohnungsangebote bis 50 qm (Einpersonenhaushalte) innerhalb der Mietobergrenze. Somit könne nicht festgestellt werden, dass damals (d.h. in der Zeit August 2011 bis Mai 2012) im Stadtgebiet Hannover für Einpersonenhaushalte kein ausreichender Wohnraum im Rahmen der vom Jobcenter festgesetzten Mietobergrenze verfügbar gewesen sein könnte.

Im Verfahren L 11 AS 1788/15 hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen auf diese Urteilsbegründung bezug genommen und die Entscheidung des Jobcenters ebenfalls als rechtmäßig angesehen. Soweit es um einen Zweipersonenhaushalt im Stadtgebiet Hannover sowie um die Monate September bis Dezember 2013 gehe, erweise sich die vom Jobcenter im Jahr 2013 veranlasste Fortschreibung der Mietobergrenzen als schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Hiergegen spreche auch nicht, dass dieser Fortschreibung eine geringere Datenmenge zugrunde gelegen habe als dem im Jahr 2011 erstellten Konzept. Die bei der Fortschreibung 2013 berücksichtigten 420 Datensätze (Wohnungen für einen Zweipersonenhaushalt von 50 bis 60 qm im Stadtgebiet Hannover) seien als hinreichend repräsentativ und valide anzusehen. Von den 420 berücksichtigten Mietwohnungen hätten mehr als 210 innerhalb der vom Jobcenter festgesetzten Mietobergrenze gelegen. Bei den Mietangeboten des Jahres 2012 hätten 27,9 % aller damals im Stadtgebiet Hannover öffentlich angebotenen Wohnungen (Größenklasse 50 bis 60 qm) innerhalb der Mietobergrenze gelegen.

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteile vom 10. Juni 2016 – L 11 AS 1788/15 und L 11 AS 611/15