Wer in der Vergangenheit selbständig erwerbstätig und privat versichert war, wird bei Bezug von Arbeitslosengeld II nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Dies gilt nach einer aktuellen Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen auch dann, wenn schon vor dem Leistungsbezug der private Krankenversicherungsschutz beendet und die selbständige Tätigkeit aufgegeben worden war.
In dem vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen entschiedenen Eilverfahren war die private Krankenversicherung eines Hilfeempfängers aus Hamm im Jahr 2007 wegen Beitragsrückständen beendet worden. Seither war er nicht mehr krankenversichert. Als der Kläger kurz nach Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit Arbeitslosengeld II bezog, wollte er sich in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern. Das lehnte die gewählte Krankenkasse ab: Der Betroffene sei verpflichtet gewesen, sich privat zu versichern. Die private Versicherung habe Vorrang. Wenn er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, müsse er sich so behandeln lassen, als sei er versichert.
Hintergrund des Streits ist, dass seit dem 1.1.2009 eine allgemeine Versicherungspflicht auch in der privaten Krankenversicherung besteht. Selbständige, die dem System der PKV zugewiesen sind, sind daher verpflichtet, einen Versicherungsvertrag abzuschließen. Der Gesetzgeber hat aber keine ausdrückliche Regelung für den Fall getroffen, dass diese Versicherungspflicht nicht erfüllt wird. Gleichzeitig begründet der Bezug von Arbeitslosengeld II Versicherungspflicht in der GKV. Dies allerdings nur, wenn der Betreffende nicht unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II überhaupt nicht krankenversichert und hauptberuflich selbstständig erwerbstätig war. Der Beschwerdeführer meinte nun, er zähle nicht zu diesen Selbständigen, da er seine selbständige Erwerbstätigkeit kurz vor dem Bezug des ALG II aufgegeben habe.
Dies sah das Landessozialgericht jedoch anders: Für die Zugehörigkeit zu dem von der Versicherungspflicht in der GKV ausgeschlossenen Personenkreis der Selbständigen komme es allein auf den durch die letzte berufliche Tätigkeit erlangten Status an, auch wenn die selbständige Tätigkeit schon kurz vor dem Leistungsbezug beendet worden sei. Andernfalls würde die gesetzgeberische Grundentscheidung verfehlt. Der Gesetzgeber habe im Interesse einer gleichmäßigeren Lastenverteilung zwischen privater und gesetzlicher Versicherung die Risiken dem System zuzuweisen wollen, dem sie auf Grund der bisherigen beruflichen Tätigkeit des Betroffenen zuzuordnen seien. Da die privaten Versicherer verpflichtet sind, unabhängig von Vorerkrankungen einen Vertrag in Basistarif abzuschließen, müsse der Betroffene sich um eine entsprechende private Versicherung bemühen.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. August 2010 – L 16 KR 329/10 B ER