Die Arbeitskraft des Studierenden wird bei einem Teilzeitstudium nicht voll in Anspruch genommen, so dass es nicht nach dem BAföG förderungsfähig ist. Allerdings kann dann Arbeitslosengeld II beansprucht werden, denn der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II findet keine Anwendung.
So hat das Hessische Landessozialgericht in dem hier vorliegenden Fall eines behinderten Teilzeit-Studenten entschieden und das Jobcenter im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Studenten Arbeitslosengeld II zu gewähren.
Ab dem Jahr 2012 studierte der 1978 geborene und an Epilepsie erkrankte Mann Theologie. Nach dem Abbruch dieses Studiums nahm er im Jahr 2018 ein Studium der Geschichts- und Kulturwissenschaften auf. Die Universität gewährte dem in Gießen lebenden Studenten aufgrund seiner chronischen Erkrankung ein Studium in Teilzeit.
Im Februar 2020 wurde sein BAföG-Antrag wegen des Fachrichtungswechsels abgelehnt. Gegen die daraufhin ebenfalls erfolgte Ablehnung seines Antrags auf Arbeitslosengeld II durch das Jobcenter hat sich der Student mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gewehrt. Nachdem der Antrag vom Sozialgericht Gießen1 abgelehnt worden war, hat der Student dagegen Beschwerde eingelegt.
In seiner Entscheidungsbegründung hat das Hessische Landessozialgericht ausführlich erklärt, dass Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sei, – über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus – keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hätten. Die gesetzliche Regelung bezwecke, dass Ausbildungsförderung nur über das dafür vorgesehene System (BAföG) gewährleistet werde. Nach Auffassung des Hessischen Landessozialgerichts sei ein Teilzeitstudium nach dem BAföG jedoch nicht förderungswürdig, weil es die Arbeitskraft des Studierenden nicht voll in Anspruch nehme. Daher seien Hartz-IV-Leistungen in diesen Fällen nicht ausgeschlossen.
Darüber hinaus sei für das jeweilige Semester zu entscheiden, ob in Teilzeit studiert werde und richte sich nicht nach den Verhältnissen der gesamten Ausbildung.
Aus diesen Gründen wird auf die Beschwerde des Antragstellers der Beschluss des Sozialgerichts Gießen aufgehoben und der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Arbeitslosengeld II vom 2. Oktober 2020 bis zum 31. Januar 2021 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15. Dezember 2020 – L 9 AS 535/20 B ER
- SG Gießen, Beschluss vom 04.11.2020 – S 25 AS 505/20 ER[↩]