Trauriger Rekord in Berlin

Im Juli sind 2.684 neue Hartz-IV-Verfahren beim größten deutschen Sozialgericht in Berlin eingegangen, so viele Verfahren wie noch nie seit Inkrafttreten der Reform im Januar 2005. Auch in den Vormonaten waren schon erhöhte Eingänge im Bereich Hartz-IV festzustellen. Wenn sich diese Entwicklung im restlichen Jahr fortsetzt, würde das eine Steigerung von 17 Prozent gegenüber dem Jahr 2008 bedeuten. 52% der Hartz-IV-Empfänger erzielten im Zeitraum von Januar bis Juli 2009 zumindest einen Teilerfolg. Im Jahr 2008 lag die Quote bei 48%. Ursache für die im Vergleich zu anderen Rechtsgebieten überdurchschnittliche Quote von (Teil-)Erfolgen waren vielfach Form- und Verfahrensfehler der Behörden.

Anlass für Rechtsstreitigkeiten bieten insbesondere die Kosten der Unterkunft. Hierbei geht es beispielsweise um die Frage, welche Miete „angemessen“ ist und daher von den Jobcentern übernommen werden muss. In anderen Fällen wollen Hartz-IV-Empfänger in eine neue, teurere Wohnung umziehen, während das Jobcenter diesen Umzug nicht für „erforderlich“ hält. Die Begriffe „angemessen“ und „erforderlich“ sind im Gesetz nicht näher konkretisiert, so dass viele Einzelheiten nach wie vor bundesweit umstritten sind.

Ein weiterer häufiger Streitpunkt ist die Anrechnung von Einkommen auf das Arbeitslosengeld II. Gerade in Berlin gibt es viele „Aufstocker“, das heißt Menschen, die zwar Einkommen durch eine Arbeit erzielen, damit aber nicht ihren Lebensunterhalt decken können. Daher sind ergänzende Hartz-IV-Leistungen notwen-dig.

Das Berliner Sozialgericht hat bereits im Juni den 70.000. Hartz-IV-Fall registriert (seit Januar 2005). Es handelt sich um eine Untätigkeitsklage. Eine Berliner Hartz-IV-Empfängerin hatte Widerspruch gegen eine Entscheidung des Jobcenters eingelegt, über den nach drei Monaten noch nicht entschieden war. Inzwischen hat das Jobcenter die Entscheidung nachgeholt und sich bereit erklärt, die Anwaltskosten zu bezahlen, die im Gerichtsverfahren entstanden sind.