Die Überweisung der Hälfte der Erbschaft an den Insolvenzverwalter zum Erhalt der Restschuldbefreiung ist auch im Rahmen der Grundsicherung zu berücksichtigen, sofern dem Leistungsbezieher aufgrund einer solchen Tilgung zu Beginn des jeweiligen Leistungszeitraums nur noch die Hälfte des Erbes als bereite Mittel zur Verfügung steht und damit als Einkommen zu berücksichtigen ist1.
Das Erbe eines im Leistungsbezug stehenden Erben ist als Einkommen nach § 11 Abs 1 SGB II zu berücksichtigen2. Das Erbe steht bei einer Erbengemeinschaft erst mit der Auskehrung des Auseinandersetzungsguthabens als bereite Mittel zur Verfügung und kann damit erst ab diesem Zeitpunkt als Einkommen berücksichtigt werden3. Soweit die Hälfte dieses Erbes an den Insolvenzverwalter abgeführt wird, ist im Rahmen der Grundsicherung nur die verbleibende Hälfte des Erbes zu berücksichtigen.
Ob für eine volle Berücksichtigung des Erbes im Rahmen des SGB II als Einkommen die Subsidiarität der staatlichen Fürsorge gegenüber der Obliegenheit des Schuldners zur Tilgung von privaten Schulden im Rahmen des Insolvenzrechts und zB aus dessen § 295 Abs 1 Nr 2 InsO spricht (so auch BSG, Urteil vom 16.10.2012 – B 14 AS 188/11 R), kann dahinstehen.
Entscheidend ist vielmehr, dass der Leistungsbezieherin als bereite Mittel zu Beginn des maßgeblichen Bewilligungsabschnitts nur noch das hälftige Erbe zur Verfügung standen, weil sie unmittelbar, nachdem sie den Gesamtbetrag erhalten hat, davon die Hälfte an den Treuhänder aufgrund ihres Insolvenzverfahrens überwiesen hat. Die Berücksichtigung einer Einnahme als Einkommen setzt voraus, dass das zugeflossene Einkommen als „bereites Mittel“ geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken. Dies gilt auch bei Berücksichtigung einer einmaligen Einnahme über einen Verteilzeitraum hinweg. Zwar muss der Hilfebedürftige sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen (BSG Urteil vom 19.9.2008 – B 14/7b AS 10/07 R – SozR 4-4200 § 11 Nr 18 RdNr 25). Dementsprechend ist er bei Zufluss einer einmaligen Einnahme gehalten, das Geld nicht zur Schuldendeckung zu verwenden, sondern über den Verteilzeitraum hinweg zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Wenn die einmalige Einnahme, deren Berücksichtigung als Einkommen in Rede steht, tatsächlich aber nicht (mehr) uneingeschränkt zur Verfügung steht, ist ein Leistungsanspruch nicht ausgeschlossen. Die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund einer unwiderleglichen Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten – hier dem Verbrauch der einmaligen Einnahme in bestimmten monatlichen Teilbeträgen – (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, ist mit Art 1 GG iVm Art 20 GG nicht vereinbar (vgl zuletzt nur BSG Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 33/12 R – vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 13 f für eine Steuerrückerstattung, die die Kläger zur Schuldentilgung verwandt hatten).
In dieser Entscheidung (BSG aaO RdNr 17) wird auch darauf hingewiesen, dass ein solches Verhalten einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II auslösen kann, wobei jedoch die Kenntnisse der leistungsberechtigten Person, das Verhalten des Jobcenters usw, vorliegend wohl auch das des Treuhänders, der nach Angaben der Leistungsbezieherin „mit Vehemenz“ die Hälfte der Erbschaft verlangte, zu beachten sind.
Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 73/12 R