Auch wenn es dem Arbeitgeber obliegt, Lohnzuschüsse der ARGE nach dem Hamburger Modell zusammen mit dem Lohn an den Arbeitnehmer auszukehren, bleibt der Zuschuss öffentlich-rechtliche Sozialleistung und ist bei der Ermittlung der Pfändungsfreigrenze nur dann zu berücksichtigen, wenn eine entsprechende Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes besteht.
Der Zuschuss der Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II ist kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 2 und 3 ZPO. Es handelt sich um eine Geldleistung im Sinne des § 4 SGB II nach Maßgabe der im SGB II vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Zuschuss insgesamt dem Arbeitgeber überwiesen und der dem Arbeitnehmer zustehende Teil sodann mit dem Lohn ausgezahlt wird und auf der Lohnabrechnung erscheint. Das Verhältnis des Arbeitnehmers bleibt im Verhältnis zur ARGE öffentlich-rechtlich. Der „Eingliederungsscheck“ stellt sich als Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X dar und ist selbst schon ein Verwaltungsakt1. Auch der darauf gestützte Bescheid nach Ziffer 6 der Richtlinien ist ein Arbeitnehmer und Arbeitgeber begünstigender Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X. Der Arbeitnehmer bleibt Inhaber eines öffentlich-rechtlichen gesetzlichen Zahlungsanspruchs. Es bedarf keiner weiteren bürgerlich-rechtlichen Konstruktion, aufgrund des öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruchs des begünstigten Arbeitnehmers wäre bei einer fehlenden Auskehrung des vom Arbeitgeber zu verwaltenden Zuschusses gegenüber der ARGE der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG eröffnet2, wenn auch eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers vor der Arbeitsgerichtsbarkeit in Frage käme. Der öffentlich-rechtliche Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers wird damit nicht zum Teil des Arbeitseinkommens im Sinne des § 850 ZPO.
Dieser Zuschuss wächst dem Vermögen des Schuldners zu und ist grundsätzlich gemäß § 54 Abs. 3 und 4 SGB I als laufende Geldleistung pfändbar.
Jedoch trifft § 54 Abs. 4 SGB I für Sozialleistungen wie die vorliegende eine Sonderregelung: Danach können Ansprüche auf laufende Geldleistungen – nur – wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. § 54 Abs. 4 SGB I verweist damit seinerseits auf die §§ 850 ff ZPO3. Im konkreten Einzelfall scheitert die Pfändung also an der geringen Höhe dieser Leistung, sie bleibt unterhalb der Pfändungsfreigrenzen des § 850 c ZPO.
Doppeltes Arbeitseinkommen kann ebenso zusammengerechnet werden wie Arbeitseinkommen zusammen mit pfändbaren Sozialleistungen nach dem SGB, § 850 e Abs. 2 a ZPO. Dies setzt einen entsprechenden Antrag voraus und einen entsprechenden Beschluss des Vollstreckungsgerichtes.
Nach der gesetzlichen Konzeption der Pfändungsschutzvorschriften obliegt die Entscheidung über die Erhöhung oder Herabsetzung von Pfändungsgrenzen (§ 850 e, § 850 f ZPO) damit ausschließlich dem Vollstreckungsgericht4.
Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 18. November 2009 – 5 Sa 39/09
- Kreikebohm, Kommentar zum Sozialrecht, 2009, Nr. 5 zu § 34 SGB X[↩]
- vgl. BSG 06.04.2006 – B 7a AL 56/05 R, NJW 2007, 1902-1904 zum Vermittlungsgutschein[↩]
- Wannagat, SGB I, Stand Mai 2007, Nr. 27 zu § 54; Kreft InsO 5.Aufl. 2008, Nr. 9 zu § 82[↩]
- vgl. BAG vom 06.02.1991 – 4 AZR 348/90, AP Nr 2 zu § 850f ZPO; BAG vom 21.11.2000 – 9 AZR 692/99, BAGE 96, 266-273[↩]