Betriebskostenguthaben sind dann nicht auf die Grundsicherungsleistungen (ALG II) anzurechnen, wenn sie vom Vermieter tatsächlich nicht ausgezahlt werden.
§ 22 Abs. 3 SGB II sieht diese Anrechnung einer Betriebskostenerstattung zwar ausdrücklich vor. Die Regelung ist Ausdruck des fürsorgerechtlichen (Subsidiaritäts-)Prinzips, wonach der Staat nur dann einspringen soll, wenn sich der Einzelne nicht mehr selbst helfen kann. Und im Umfang der Betriebskostenerstattung kann sich der Leistungsempfänger selbst helfen. Er kann einen Teil seiner nächsten Miete aus der Erstattung finanzieren. Die Jobcenter und damit der Steuerzahler werden um diesen Teil entlastet.
Von diesem Grundsatz der Minderung der laufenden Zahlung trotz eines Betriebskostenguthabens soll nach Ansicht des Sozialgerichts Chemnitz jedoch eine Ausnahme gelten, wenn das Guthaben tatsächlich nicht an den Leistungsempfänger ausgezahlt wird.
In dem vom Sozialgericht Chemnitz entschiedenen Fall hatte der Vermieter des Klägers das Guthaben in Höhe von 556,42 € aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 einbehalten und verrechnete es mit einer Forderung aus der Betriebskostenabrechnung des Vorjahres. Das Jobcenter Chemnitz minderte gleichwohl in den beiden Folgemonaten seine Zahlungen für die Unterkunft des Klägers um den Betrag des Guthabens.
Der Kläger hatte mit seiner hiergegen gerichteten Klage vor dem Sozialgericht Chemnitz Erfolg. Weil das Guthaben tatsächlich nicht ausgezahlt wurde, stand es ihm nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes – insbesondere zur Verwendung für die nächste Mietzahlung – zur Verfügung. Die Minderung der Unterkunftskosten würde bei dieser Sachlage zu einer nicht hinnehmbaren Bedarfsunterdeckung und zu neuen Mietschulden führen. Dies widerspricht nach Ansicht des Sozialgericht aber dem Sinn und Zweck der Leistungen nach dem SGB II, die die notwendigen Lebenshaltungskosten des Bedürftigen vollständig decken sollen.
Sozialgericht Chemnitz, Urteil vom 5. November 2010 – S 33 AS 5000/10
(Berufung anhängig beim Sächsischen Landessozialgericht – L 2 AS 771/10)






