Arbeitslosengeld II für Franzosen

Ein Franzose, der in Deutschland lebt, hat Anspruch auf Arbeitslosengeld II. So hat das Bundessozialgericht jetzt ent­schieden, dass dieser Anspruch selbst dann besteht, wenn sich sein Aufenthaltsrecht alleine aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Die Ausschlussregelung in § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II ist hier nicht relevant, wenn sich der in Deutsch­land lebende arbeitslose Ausländer auf das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) vom 11. Dezember 1953 berufen kann.

Nach Art 1 des EFA ist jeder der Vertragschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der anderen Ver­tragsstaaten, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und der Gesundheitsfürsorge zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind.

Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch Frankreich haben das Europäische Fürsorgeabkommen unterzeichnet. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um unmittelbar geltendes Bundesrecht. Seiner Anwendbarkeit steht weder vorrangig anzuwendendes anderes Bundesrecht, noch Gemeinschaftsrecht entgegen. Die Voraussetzungen des Gleichbehandlungsgebots nach Art 1 EFA liegen auch insoweit vor, als es sich bei der beanspruchten Regelleistung nach § 20 SGB II um Fürsorge im Sinne des EFA handelt. Hierzu zählt nicht nur die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, sondern auch die begehrte Leistung nach dem SGB II. Deswegen kommt es nicht darauf an, dass die Bundes­republik Deutschland gegenüber dem Europarat nach wie vor nur das zum 31. Dezember 2004 außer Kraft getretene Bundessozialhilfegesetz als unter den Geltungsbereich des Abkommens fal­lendes Fürsorgegesetz gemeldet hat.

Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 23/10 R