Hilfebedürftig ist, wer u.a. seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II). Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs 1 SGB II). Nicht zu berücksichtigen sind ua ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II) sowie Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (§ 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II). Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend (§ 12 Abs 3 Satz 2 SGB II). Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen; für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird (§ 12 Abs 4 Satz 1, 2 SGB II).
Bei der Beurteilung der Angemessenheit im Sinne des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ist von der Gesamtwohnfläche des Hauses von 174 qm auszugehen und nicht nur von den vom Kläger bewohnten 69,3 qm. Dies folgt aus der Stellung des Klägers als Eigentümer des gesamten Hausgrundstücks, die durch das Wohnrecht zugunsten seiner Eltern zwar hinsichtlich der Nutzung, nicht aber der Verwertung des Grundstücks eingeschränkt ist (vgl § 903 BGB sowie §§ 1030 ff. BGB zu einem als Nießbrauch ausgestalteten Wohnrecht). Nur wenn das Eigentum des Klägers auf den von ihm benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, was aber vorliegend nicht der Fall ist, käme eine andere Prüfung in Betracht. Ob nur auf den Kläger abgestellt wird oder seine Eltern in die Betrachtung miteinbezogen werden, bedarf keiner weiteren Erörterung. Eine Wohnfläche von 174 qm ist in jedem Fall nicht angemessen1.
Das Hausgrundstück ist verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs 1 SGB II.
Vermögen ist verwertbar, wenn es verbraucht, übertragen oder belastet werden kann. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen2. Durch Verkauf z.B. tatsächlich nicht verwertbar ist ein Vermögensgegenstand, für den in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind3. Dies ist auch die Aussage in der Entscheidung des Bundessozialgericht vom 06.12.20074. In jener war das Erbbaurecht des dortigen Klägers wegen des auf dem Erbbaurecht lastenden Nießbrauchs der Mutter des Klägers gegenwärtig tatsächlich nicht verwertbar5. Ausgehend von dieser tatsächlichen Feststellung hat der Senat sich nur noch zur zeitlichen Komponente dieser Nichtverwertbarkeit geäußert und die Absehbarkeit einer Vermögensverwertung verneint, wenn diese vom Eintritt eines ungewissen Ereignisses wie dem Tod einer Person abhängt6.
Abgesehen von den grundsätzlichen Unterschieden zwischen einem Erbbaurecht, wie in jenem Verfahren, und Eigentum, wie im vorliegenden, kann aus jener Entscheidung nicht abgeleitet werden, dass jedes (Haus-)Grundstück, das mit einem Nießbrauch oder Wohnrecht belastet ist, nicht nach § 12 Abs 1 SGB II verwertbar sei. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob es eine Verwertungsmöglichkeit gibt7.
Soweit das LSG vorliegend eine solche Verwertungsmöglichkeit des Hausgrundstücks durch Beleihung bejaht hat, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Denn das LSG hat ausgehend von der vom Kläger eingereichten Wertschätzung mit einem Verkehrswert des Hausgrundstücks von 91 326 Euro und unter Berücksichtigung der auf ihm lastenden Grundschuld in Höhe von 48 600 Euro auch das Wohnrecht der Eltern mit 16 700 Euro und den Vermögensfreibetrag des Klägers in Höhe von 8950 Euro abgezogen, sodass ein Betrag von rund 17 000 Euro verblieb. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen des LSG sind von Seiten der Beteiligten keine Rügen erhoben worden. Der Kläger hat nur eine unbeachtliche, weil von den Feststellungen des LSG abweichende, Aussage zur Sachlage aus seiner Sicht gemacht, indem er ausgeführt hat, auf der Grundlage der seinerzeit geltenden Basel I-Regeln hätte er keinen Kredit erhalten. Ebenso wenig kann aus der allgemeinen Aussage des Klägers hergeleitet werden, aufgrund seiner Erkrankung und der bisherigen Arbeitslosigkeit sei in keiner Weise vorhersehbar gewesen, wie lange er noch auf die Leistungen nach dem SGB II angewiesen sein würde, und er sei nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Darlehensvolumen abzuschätzen und diesbezüglich bei seiner Bank vorstellig zu werden. Es ist unklar, auf welchen tatsächlichen Feststellungen des LSG diese Aussagen beruhen oder auf welche Tatbestandsmerkmale sie sich beziehen. Eine Rüge im Sinne des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG ist ihnen nicht zu entnehmen.
Die Verwertung des Hausgrundstücks durch eine – weitere – Beleihung in Höhe von z.B. 10 000 Euro ist weder offensichtlich unwirtschaftlich noch stellt sie eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II dar.
Aus den vom LSG festgestellten Tatsachen folgt keiner dieser beiden, einer Berücksichtigung des Hausgrundstücks als Vermögen entgegenstehenden Gründe, weil als Verwertungsmöglichkeit auf eine Beleihung des Hausgrundstücks verwiesen wird8 und damit in die Substanz des Hauses und seiner Wohnmöglichkeiten nicht eingegriffen wird. Seitens der Beteiligten sind auch insofern keine Rügen erhoben worden.
Hinsichtlich der Höhe der dem Kläger bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 20 ff SGB II) – monatlich von April bis Juni 724 Euro und für Juli 655 Euro, insgesamt 2827 Euro – sind seitens des Senats im Hinblick auf den Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG, einschließlich der des SG, auf die das LSG Bezug genommen hat, keine Rechtsfehler zu erkennen und von Seiten der Beteiligten keine Rügen erhoben worden.
Diesen Leistungen stand zum Zeitpunkt ihrer Bewilligung ausreichendes zu berücksichtigendes und verwertbares Vermögen des Klägers gegenüber9, auch wenn hinsichtlich des Juli 2005 auf den im Bescheid vom 21.06.2005 umfassten Bewilligungsabschnitt bis einschließlich November 2005 abgestellt wird (weitere 4 Monate mit je 655 Euro = 2620 Euro).
Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Juli 2012 – B 14 AS 158/11 R
- vgl BSG vom 07.11.2006 – B 7b AS 2/05 R, BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3 RdNr 21 f: zur angemessenen Größe einer Eigentumswohnung bei einem Alleinstehenden; BSG vom 16.05.2007 – B 11b AS 37/06 R, BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4 RdNr 22: 130 qm Haus für vierköpfige Familie; BSG vom 15.04.2008 – B 14/7b AS 34/06 R, BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10: geringfügig mehr als 90 qm für 2 Personen[↩]
- stRspr: BSG vom 16.05.2007 – B 11b AS 37/06 R, BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4 RdNr 26 bis 28; BSG vom 27.01.2009 – B 14 AS 42/07 R, SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 20: „Versilbern“; BSG vom 22.03.2012 – B 4 AS 99/11 R, SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 21[↩]
- BSG vom 22.03.2012, aaO[↩]
- BSG vom 06.12.2007 – B 14/7b AS 46/06 R, BSGE 99, 248 = SozR 4-4200 § 12 Nr 6[↩]
- BSG, aaO, RdNr 12[↩]
- BSG, aaO, RdNr 15[↩]
- vgl zu einer Beleihung als Verwertungsmöglichkeit bei einem Hausgrundstück schon: BSG vom 16.05.2007 – B 11b AS 37/06 R, BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4 RdNr 28[↩]
- vgl zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit und der besonderen Härte zusammenfassend zuletzt: BSG vom 22.03.2012 – B 4 AS 99/11 R, SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 22 ff[↩]
- vgl zu der regelmäßig anzustellenden Prognose für einen Bewilligungsabschnitt von sechs Monaten: BSG vom 27.01.2009 – B 14 AS 42/07 R, SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 23[↩]






