Hält sich ein luxemburgischer Staatsangehöriger allein zur Arbeitssuche in Deutschland auf, kann vorläufig ein Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II bestehen.Ein solcher Anspruch kann sich aufgrund des Europäischen Fürsorgeabkommens ergeben.
So hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in dem hier vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden. Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Leistungen. Der Luxemburger konnte nicht glaubhaft machen, dass er sich zu anderen Zwecken als zur Arbeitssuche in Deutschland aufhielt. Die Beklagte stützte ihre Ablehnung der Leistung auf den Ausschluss im SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ) und einen Vorbehalt, den die Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung zum 19.12.2011 gegen die Anwendbarkeit des Europäischen Fürsorgeabkommens auf die Grundsicherungsleistungen geltend gemacht hat.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts könne aber ein Anspruch nicht ausgeschlossen werden. Zwar sei ein solcher Ausschluss grundsätzlich nach deutschem Recht vorgesehen und der Antragsteller könne sich nicht auf eine Gleichbehandlung nach europäischem Recht berufen, weil es sich beim SGB II nicht um Rechtsvorschriften in Bezug auf bestimmte abschließend genannte Zweige der sozialen Sicherheit im Sinn der dafür maßgeblichen Regelungen handele. Auch ein Verstoß gegen das primärrechtliche Diskriminierungsverbot sei nicht erkennbar, weil nicht reine Sozialhilfeleistungen betroffen seien und der deutsche Gesetzgeber daher für ihre Gewährung eine tatsächliche Verbindung mit dem innerstaatlichen Arbeitsmarkt fordern dürfe.
Ein Anspruch könne sich aber aufgrund des Europäischen Fürsorgeabkommens ergeben. Es sei zweifelhaft, ob der Vorbehalt vom 19.12.2011 zu diesem Abkommen wirksam sei. Ein früherer Vorbehalt betreffend das zwischenzeitlich aufgehobene Bundessozialhilfegesetz erfasse die hier streitigen Leistungen nicht. Bei dem neuen Vorbehalt speziell für das SGB II sei zum einen zweifelhaft, ob es sich nach fast 6 Jahren noch um „neue Rechtsvorschriften“ im Sinne der Rechtsgrundlage für solche Vorbehalte gehandelt habe, zum anderen, ob der Vorbehalt nicht eine unzulässige Erweiterung des früheren Vorbehalts darstelle. Wegen der offenen Rechtsfrage sei eine Folgenabwägung zu treffen, die aufgrund der betroffenen Existenzsicherung zugunsten des Antragstellers ausgehe.
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. August 2012 – L 3 AS 250/12 B ER






