Für Steuerberatungskosten sind einmalige Beihilfen aus Mitteln der Sozialhilfe nach einem urteil des Sozialgerichts Karlsruhe regelmäßig ausgeschlossen.
Ein solches Begehren kann sich nach Ansicht des Sozialgerichts Karlsruhe auf keine der beiden überhaupt in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen des SGB XII stützen. Weder § 34 SGB XII noch § 73 SGB XII ist einschlägig.
Keine Übernahme nach § 24 Abs. 1 SGB XII
Nach § 34 Abs. 1 SGB XII können Schulden des Leistungsberechtigten dann ausnahmsweise übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht (§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB XII). Dass es sich bei Steuerberatungskosten um keine Kosten zur Unterkunftsicherung handelt, ist offensichtlich. Wann eine Notlage, die dem (drohenden) Verlust der Unterkunft vergleichbar ist, vorliegt, lässt sich hingegen allgemein schwer umschreiben. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg1 hat darauf abgestellt, ob eine Notlage vorliegt, die den „vorhandenen gegenständlichen Existenzbereich“ des oder der Leistungsberechtigten betrifft. Dies ist etwa der Fall, wenn die Belieferung eines Haushalts mit Energie – elektrische Energie oder Energie für Beheizung – „in Frage gestellt“ ist (vgl. Oberverwaltungsgereicht Münster, FEVS 51, 89, 91), also eine Sperre der Strom- und Heizungsversorgung wegen vorhandener Schulden oder anderer offener Zahlungsverpflichtungen gegenüber einem Energieversorgungsunternehmen droht oder bereits eingetreten ist2. Gleiches gilt, wenn die Versorgung von Wohnraum mit Wasser bedroht oder der Anschluss an die gemeindliche Wasserversorgung zu sichern ist3. Ebenso ist nach obergerichtlicher Rechtsprechung eine Notlage i. S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gegeben, wenn dem Leistungsberechtigten der Verlust von auf Kredit angeschafften Möbeln oder Einrichtungsgegenständen droht und ihm, wenn er notwendige Hausratsgegenstände verlieren würde, insoweit Leistungen nach den §§ 31, 37 SGB XII gewährt werden müssten.
Demgegenüber verneint die obergerichtliche Rechtsprechung eine den „Existenzbereich“ berührende Notlage, wenn die Übernahme von Tilgungsraten auf Schuldverpflichtungen, die dem Erwerb einer Rentenanwartschaft dienten4 oder die Übernahme von Spielschulden5 erstrebt wird. Diese beispielhafte Aufzählung zeigt, eine vergleichbare Notlage i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII setzt einen Bezug zur Sicherung der Unterkunft oder der Bewohnbarkeit einer Unterkunft voraus. Nur für diesen Fall hat der Gesetzgeber eine Ausnahme vom Gegenwärtigkeitsprinzip der auf akute Notlagenhilfe ausgerichteten Sozialhilfe – keine Schuldenübernahme aus Mitteln der Sozialhilfe – zugelassen. Schulden infolge von fälligen Steuerberatungshonoraren stehen in keinem Zusammenhang mit Unterkunftskosten und vermögen schon deswegen tatbestandlich nicht die Voraussetzungen für eine vergleichbare Notlage i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu erfüllen.
Keine Übernahme nach § 73 SGB XII
Gemäß § 73 SGB XII darf der Beklagte als zuständiger Sozialhilfeträger Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbringen, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Hilfe in sonstigen Lebenslagen nach § 73 Satz 1 SGB XII ergänzt den in § 8 SGB XII ausgewiesenen Hilfekatalog. Danach umfasst die Sozialhilfe die Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfe in anderen Lebenslagen sowie die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung. Die Auffangregelung des § 73 SGB XII ist notwendig, um dem Auftrag der Sozialhilfe, jedem die Menschenwürde widersprechendem Zustand zu begegnen, gerecht zu werden6. Sonstige Lebenslagen i. S. der Norm liegen aber nur vor, wenn sich die Hilfesituation thematisch keiner der in § 8 SGB XII aufgeführten Hilfen zuordnen lässt und zugleich eine typische sozialhilferechtliche Bedarfslage gegeben ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts7 ist nämlich eine Anwendung des § 73 SGB XII nur dann gerechtfertigt, wenn eine Art täglicher Bedarfslage besteht. Dabei darf die Norm aber nicht zur allgemeinen Auffangregelung für Leistungsberechtigte werden. Erforderlich ist vielmehr das Vorliegen einer besonderen Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 – 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist und dadurch eine Aufgabe von besonderem Gewicht darstellt8. Steuerberatungskosten, gleich ob notwendig oder nicht, entsprechen zur Überzeugung des Sozialgerichts Karlsruhe keiner besonderen Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in §§ 47 – 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweisen. Der Zweck des § 73 SGB XII liegt darin, es dem Sozialhilfeträger zu ermöglichen, auf veränderte Bedingungen innerhalb der Aufgaben der Sozialhilfe flexibel und angemessen reagieren zu können. Steuerberatungskosten, die notwendig außerhalb der Aufgaben der Sozialhilfe liegen, werden davon regelmäßig nicht erfasst. Sozialhilferechtlich können solche lediglich im Rahmen der Einkommens- und Vermögensberechnung (§ 82 Abs. 2 SGB XII) berücksichtigt werden. Gesonderte Leistungen dafür sind aber aus Mitteln der Sozialhilfe nicht zu gewähren.
Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 27. Januar 2010 – S 4 SO 5333/08
- VGH Mannheim, FEVS 44, 160, 166[↩]
- so auch LSG Bayern, FEVS 57, 445[↩]
- vgl. OVG Lüneburg, FEVS 42, 92[↩]
- so VGH Mannheim, FEVS 44, 160[↩]
- so OVG Hamburg, FEVS 34, 318[↩]
- vgl. zur Vorgängervorschrift in § 27 BSHG: BVerwGE 29, 235, 236[↩]
- BSG, Urteil vom 25.06.2008 – B 11b AS 19/07 R[↩]
- BSG, a. a. O.; LSG RLP, Urteil vom 25.11.2008 – L 3 AS 76/07; und LSG NRW, Beschluss vom 15.04.2009 – L 7b 401/08 AS, Rn. 7[↩]