Keine Amtshaftung der ARGE

Für Amtshaftungsansprüche ist die Arbeitsgemeinschaft – jedenfalls im Regelfall – nicht zuständig, entschied jetzt der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Zwar können die im Rahmen der Hartz-IV-Reformen gebildeten Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II vor den ordentlichen Gerichten verklagt werden. Einer Klage auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzungen steht im Regelfall jedoch die fehlende Passivlegitimation der Arbeitsgemeinschaft entgegen.

Zuständig für Schadensersatzansprüchen wegen Amtspflichtverleztungen ist nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs ausschließlich die Anstellungskörperschaft des jeweils fehlerhaft handelnden Beamten. Da bei den Arbeitsgemeinschaften jedoch im Regelfall (und so auch in dem jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall) kein eigenes Personal beschäftigt wird, sondern dieses entweder von der Bundesagentur für Arbeit oder aber der jeweiligen Kommune kommt, trifft die Amtshaftung nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht die ARGE, sondern -je nach Anstellungsträger – entweder die Bundesagentur für Arbeit oder den jeweiligen kommunalen Träger.

Die Passivlegitimation der beklagten Arbeitsgemeinschaft wird, so der Bundesgerichtshof in seiner Urteilsbegründung, durch den Umstand entscheidend in Frage gestellt, dass sie nicht über eigenes Personal verfügt, sondern dieses nach § 11 Abs. 1 des Vertrags der ARGE von den Vertragspartnern mit der Maßgabe zur Verfügung gestellt wird, dass für alle dienst- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten der jeweilige Vertragspartner als Dienstherr/Arbeitgeber zuständig bleibt1.

Nach Art. 34 Satz 1 GG trifft bei Pflichtverletzungen eines Amtsträgers die Verantwortlichkeit aber grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Entscheidend ist mithin, wer dem Amtsträger das Amt, bei dessen Ausübung er fehlerhaft handelte, anvertraut, wer mit anderen Worten dem Amtsträger die Aufgabe, bei deren Wahrnehmung die Amtspflichtverletzung erfolgte, übertragen hat. Es haftet daher im Regelfall die Körperschaft, die den Amtsträger angestellt und ihm damit die Möglichkeit zur Amtsausübung eröffnet hat. Ob auch die konkrete Aufgabe, bei deren Erfüllung die Pflichtverletzung begangen wurde, in den Aufgabenkreis der Anstellungskörperschaft fällt, ist grundsätzlich unbeachtlich.

Lediglich dann, wenn die Anknüpfung an die Anstellung versagt, weil kein Dienstherr oder mehrere Dienstherren vorhanden sind, richtet sich das Haftungssubjekt danach, wer dem Amtsträger die konkrete – fehlerhaft erfüllte – Aufgabe anvertraut hat2.

Ausgehend von diesen Grundsätzen dürften vorliegend als Anstellungskörperschaft für das bei der beklagten Arbeitsgemeinschaft tätige Personal entweder die Bundesanstalt für Arbeit oder die Stadt S. in Betracht kommen. Die Beklagte würde für ein Fehlverhalten der die ihr übertragenen Aufgaben wahrnehmenden Mitarbeiter nur dann einzustehen haben, wenn diese, ähnlich wie dies bei der Abordnung eines Beamten zu einem anderen Dienstherrn der Fall ist, vollständig aus der Organisation seiner Anstellungskörperschaft herausgelöst worden wären3. Dafür besteht kein hinreichender Anhalt, zumal § 22 des Vertrags eine Vereinbarung enthält, wonach „im Falle von Amtshaftungsansprüchen oder bei sonstigen Ansprüchen auf Schadensersatz, die gegen die ARGE geltend gemacht werden, der Arbeitgeber/Dienstherr des Beschäftigten, der den Anspruch verursacht hat, nach den gesetzlichen Bestimmungen allein“ haftet.

Im Ergebnis hat der Bundesgerichtshof diese Frage der Passivlegitimation jedoch offen gelassen, da in dem zu entscheidenden Fall jedenfalls keine Amtspflichtverletzung zugunsten der klagenden Krankenkasse vorlag.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Oktober 2009 – III ZR 295/08

  1. vgl. zur fehlenden Passivlegitimation der Berliner Jobcenter mangels eigenen Personals KG OLGReport 2009, 261, 262 f[]
  2. vgl. nur BGHZ 87, 202, 204; 99, 326, 330; BGH, Urteile vom 05.12.1991 – III ZR 167/90, NVwZ 1992, 298; und vom 27.01.1994 – III ZR 109/92, NVwZ 1994, 823; BGHZ 160, 216, 228; BGH, Beschluss vom 12.04.2006 – III ZR 35/05, VersR 2007, 1560, Rn. 6[]
  3. vgl. BGHZ 160, 216, 228[]