Sicherung des Existenzminimums bei ALG II-Sanktionen

Der Grundsicherungsträger ist grundsätzlich verpflichtet, zeitgleich mit der Entscheidung über den vollständigen Wegfall von laufenden Hartz IV-Leistungen auch darüber zu entscheiden, ob er stattdessen dem Hartz IV-Bezieher Sachleistungen oder geldwerte Leistungen wie etwa Lebensmittelgutscheine zur Verfügung stellt. Diese Verpflichtung leitete jetzt in einer aktuellen Entscheidung das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen insbesondere aus dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes ab.

Geklagt hatte ein unter Betreuung stehender unter 25jähriger Leistungsempfänger aus Mönchengladbach, der ein wenige Monate altes Baby zu versorgen hat. Ihm hatte die Arge mit einem Sanktionsbescheid die Leistungen für drei Monate voll­ständig gestrichen, weil er seinen Mitwirkungsobliegenheiten wiederholt nicht nach­gekommen war. Hiergegen hatte der Leistungsempfänger einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Düsseldorf beantragt. Das Sozialgericht Düsseldorf hatte dem Leistungs­empfänger Recht gegeben und den Sanktionsbescheid für vorläufig nicht voll­ziehbar er­klärt.

Diese Entscheidung hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen nun bestätigt, weil die Arge nicht zeitgleich mit dem Sanktionsbescheid darüber entschieden hat, ob stattdes­sen Sachleistungen oder geldwerte Leistungen zu gewähren sind. Diese zeit­gleiche Ent­scheidung sei erforderlich, weil das physische Existenz­inimum eines Hartz IV-Empfänger auch bei Sanktionen im Blick zu behalten und der Leistungsfall so unter Kontrolle zu halten sei. Nach den gesetzlichen Vorga­ben kann der Grundsicherungsträger unter bestimmten Voraussetzungen bei Sanktionen statt der Geldleistung unter anderem Lebensmittelgutscheine gewähren; dies soll sie tun, wenn der Leistungsempfänger mit minderjährigen Kindern in Bedarfsgemein­schaft lebt. Nach der Entscheidung des Landessozialgerichts muss die Arge nun regelmäßig vor Verhängung einer Sanktion klären, ob die Gewährung z.B. von Lebensmittelgutscheinen im konkreten Fall erforderlich ist; der Leistungs­empfänger darf nicht darauf verwiesen werden, dies nachträglich beantragen zu können.

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. September 2009 – L 7 B 211/09 AS ER (rechtskräftig)