Weiterbewilligung von ALG II nur mit Fortzahlungsantrag

Für die Weiterbewilligung von Arbeitslosengeld II nach der Beendigung des Bewilligungsabschnitts ist ein Fortzahlungsantrag erforderlich. Dies entschied das Bundessozialgericht gestern in zwei bei ihm anhängigen Verfahren.

In dem ersten der beiden vom Bundessozialgericht entschiedenen Verfahren1 stellten die Kläger – Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nach dem SGB II – ihren Antrag auf Fortzahlung der Leistungen erst 3 1/2 Wochen nach Ablauf des vorangegangenen Bewilligungszeitraums. Die Entscheidung des Jobcenters Herne, ihnen auch erst ab dem Eingang des Fortzahlungsantrags Leistungen zur Sicherung des Lebens­unterhalts weiter zu gewähren, hat das Bundessozialgericht nun bestätigt: Für die 3&12sect;-wöchige Zwischenzeit mangelte es an einem Leistungsantrag, der im Grundsicherungsrecht für Arbeitsuchende anspruchsauslösend ist.

Anders als sonst im Sozialhilferecht reicht insoweit nicht schon die bloße Kenntnis des Leistungsträgers von der Hilfebedürftigkeit. Da der, das Antragserfor­dernis normierende § 37 SGB II zudem keine gesetzliche Frist bestimmt, konnte den Klägern auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Anspruch auf Leistungen für den Zwischen­raum haben die Kläger auch nicht auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, denn das beklagte Jobcenter Herne hatte die Kläger zeitnah vor Ablauf des vorangegangenen Bewilligungszeitraums auf das Antragserfordernis hingewiesen und einen entsprechenden Antrag übersandt.

In dem zweiten gestern vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall2 war die Ausgangssituation insoweit etwas anders, als der Kläger, der durchgehend seit dem 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld II bezog, nach dem ersten Bewilligungsabschnitt ohne einen Fortzahlungsantrag gestellt zu haben von dem beklagten Jobcenter, dem Kommunalen Center für Arbeit Gelnhausen, weiterhin Leistungen erhalten hatte. Das Jobcenter hatte in dem Weiterbewilligungsbescheid auch nur darauf hingewiesen, dass ein Fortzahlungsantrag rechtzeitig vor Ablauf des Bewilligungsabschnitts (vier Wochen) gestellt werden müsse. Den Fortzahlungsantrag für den dritten Bewilligungszeitraum stellte der Kläger dann erst rund sechs Wochen nach Ablauf des zweiten Bewilligungszeitraums und der Beklagte gewährte Leistungen auch in diesem Fall erst ab Eingang des Fortzahlungsantrags.

Das Bundessozialgericht hat in diesem Fall das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts, das das Handeln des Jobcenters für rechtmäßig befunden hat, aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entschei­dung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Zwar mangelt es auch hier für den Zwischenzeit­raum an einem Fortzahlungsantrag. Allerdings könnte der Kläger einen Leistungsanspruch auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs haben, weil das beklagte Jobcenter es pflichtwidrig unterlassen hat, den Kläger zeitnah vor dem Ende des vorhergehenden Bewilligungsabschnitts auf die Notwen­digkeit der Weiterbeantragung von Leistungen hinzuweisen.

Eine derartige Nebenpflicht ergibt sich aus dem Sozialrechtsverhältnis, begründet durch die Leistungsgewährung im vorhergehenden Bewil­ligungsabschnitt, sowie aus der konkreten Fallkonstellation, in der dem Kläger bereits einmal Leistun­gen ohne Fortzahlungsantrag weitergewährt worden waren. Ob der Kläger allerdings wegen dieses Beratungsmangels des Beklagten den Fortzahlungsantrag nicht rechtzeitig gestellt hat, vermochte das Bundessozialgericht nach den Feststellungen des Landessozialgerichts nicht zu beurteilen. Hiervon hängt alsdann ab, ob der Kläger auch für die sechs Wochen zwischen dem zweiten und dritten Bewilligungszeitraum einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat.

Bundessozialgericht, Urteile vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 99/10 R und B 4 AS 29/10 R

  1. B 4 AS 99/10 R[]
  2. B 4 AS 29/10 R[]