Ein Vermieter hat keinen eigenen Anspruch auf Mietzahlungen, Renovierungskosten und Schadensersatz gegen den Grundsicherungsträger, da die Überweisung der Miete an den Vermieter durch den Grundsicherungsträger keine Zusicherung ist. Genauso wenig besteht eine Fürsorgepflicht Leistungsempfänger dazu anzuhalten, die von ihnen bewohnten Wohnungen sauber und aufgeräumt zu halten und die Mietwohnung nicht zu beschädigen.
Im hier vom Sozialgericht Karlsruhe entschiedenen Fall hat der Kläger keinen Anspruch gegen den Grundsicherungsträger als Beklagte auf Erstattung der Mietschulden, die die Leistungsempfängerin bei ihm angesammelt hat. Ein solcher Anspruch kann nur gegenüber der Mieterin persönlich bestehen.
Ein Zahlungsanspruch des Klägers ergibt sich nach Auffassung des Sozialgerichts insbesondere nicht aus § 22 Abs. 4 SGB II, wonach die Kosten für Unterkunft und Heizung von dem kommunalen Träger an den Vermieter bezahlt werden sollen, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Hilfsbedürftigen nicht sichergestellt ist. Die Leistungsgewährung an einen Dritten führt nicht dazu, dass dieser Anspruchsinhaber des Leistungsanspruchs wird1. Auch wenn die Miete zeitweise von der Beklagten direkt an den Kläger gezahlt worden ist, hat immer noch die Leistungsberechtigte entscheiden können, ob die Zahlungen der Beklagten an den Kläger oder an sie persönlich bzw. an einen anderen Vermieter erfolgen sollen.
Auch aus § 22 Abs. 5 SGB II ergibt sich kein Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte. Danach können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Mietschulden sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Diese Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden gemäß § 22 Abs. 5 Satz 1, 2, 4 SGB II.
Eine Übernahme von aufgelaufenen Mietschulden kommt demnach nur in Betracht, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist2. Ein Antrag von der Leistungsempfängerin Frau H. gegenüber der Beklagten auf Übernahme der Mietschulden liegt nicht vor. Im vorliegenden Fall wäre die Übernahme der Mietschulden schon deswegen nicht geeignet, eine drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden, weil die Leistungsempfängerin mittlerweile eine andere Wohnung bewohnt. Der Anspruch würde zudem nur ein Darlehen umfassen.
Auch eine Zusicherung oder Selbstverpflichtung mit Bindungswirkung der Beklagten liegt nicht vor. Eine Zusage ist nur eine Zusicherung im Sinne des Gesetzes, wenn sie auf Erlass oder Unterlassung eines zukünftigen Verwaltungsaktes gerichtet ist3. Die zeitweise Überweisung der Mietzahlungen an den Kläger stellt keine Zusicherung dar oder könne als Selbstverpflichtung mit Bindungswirkung ausgelegt werden. Mit ihrem Schreiben erteilte die Beklagte dem Kläger lediglich die Auskunft, dass ihm die Mietkaution zur Verwertung zur Verfügung stehe, er weitere Mietzahlungen von der Beklagten jedoch nicht erwarten könne, da die Miete wieder direkt an Frau H. gezahlt werde.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Übernahme der Entrümpelungs- und Sanierungskosten für die Wohnung gegenüber der Beklagten. Ein Anspruch aus § 22 SGB II scheitert schon daran, dass hier lediglich die Leistungsempfängerin Antragsberechtigte wäre. Ein Antrag von Frau H. auf Übernahme der Auszugsrenovierung ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus sind Auszugsrenovierungen nur dann den Kosten der Unterkunft zuzurechnen, wenn sie bei ordnungsgemäßer Wohnungsnutzung und auf Grund eines notwendigen Umzugs entstehen4. Nicht mehr zu den Unterkunftskosten zuzurechnen sind (vertragliche oder deliktische) Ersatzansprüche des Vermieters gegen den Mieter wegen Beschädigung der Mietsache durch vertragswidriges Verhalten5.
Dem Kläger steht auch kein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgericht6 voraus, dass der auf Herstellung in Anspruch genommene Leistungsträger eine Pflicht aus seinem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis mit dem Anspruchssteller, die ihm gerade diesem gegenüber oblag, rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt haben muss. Die Pflichtverletzung muss ferner als nicht wegdenkbare Bedingung ursächlich bewirkt haben, dass dem Betroffenen ein Recht, das ihn im Sozialrechtsverhältnis zugestanden hat, nicht mehr zusteht. Schließlich muss die verletzte Pflicht darauf gerichtet sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (sog. innerer Zusammenhang).
Vorliegend mangelt es schon an einem Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Vermieter als Kläger und dem Grundsicherungsträger als Beklagte. Auch eine vom Kläger geltend gemachte Fürsorgepflichtverletzung der Beklagten gegenüber der Leistungsempfängerin ist nicht ersichtlich. Die Fürsorgepflicht der Beklagten gegenüber der Leistungsempfängerin beschränkt sich grundsätzlich darauf, dieser zu einer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu verhelfen. Auch die Fürsorgepflicht, die mit der Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung einhergeht, bezieht sich darauf, den Leistungsempfängern bei der Suche nach einer angemessenen Wohnung oder der Anpassung des Heizverhaltens an die Heizkostenrichtlinie zu helfen und die Leistungsempfänger in diesem Bereich zu beraten.
Nachdem die Beklagte von den Zuständen in der Wohnung von Frau H. erfahren hat, hat sie den Allgemeinen Sozialdienst informiert. Durch einen Bericht ihres Außendienstes erfuhr die Beklagte, dass bei einem Hausbesuch in der Wohnung überall Wäsche, Müll und Krempel herumlag und die komplette Wohnung weder aufgeräumt noch geputzt war. Nach Auffassung des Sozialgerichts ist die Beklagte nicht verpflichtet, ihre Leistungsempfänger anzuhalten, die von ihnen bewohnten Wohnungen sauber und aufgeräumt zu halten und die Mietwohnung nicht zu beschädigen. Wie ordentlich oder sauber ein Leistungsempfänger wohnt, ist Teil seiner Privatsphäre. Eine Kontrollpflicht der Beklagten besteht hier nicht.
Auch eine bewusste Schädigung des Klägers durch die Beklagte ist nicht ersichtlich. Selbst wenn die Beklagte eine Fürsorgepflicht gegenüber der Leistungsempfängerin verletzt haben sollte, hätte diese keine drittschützende Wirkung auf den Kläger als Vermieter gehabt. Anspruchsberechtigte wäre immer nur Frau H. als Leistungsbezieher.
Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 11. Januar 2011 – S 17 AS 5518/08
- Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, Rn. 99[↩]
- LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2009 -L 14 AS 118/09 B[↩]
- Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 34 Rn. 3[↩]
- Berlit in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 22 Rn. 22[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 03.06.1996 – 5 B 24/96[↩]
- BSG, Urteil vom 05.04.2000 -B 5 RJ 50/98 R m.w.N.[↩]