Auszahlungsbedingungen für einen Vermittlungsgutschein

Wenn ein privater Arbeitsvermittler eine Zahlung aus dem ihm überreichten Vermittlungsgutschein erwirken will, ist ein Nachweis des Gewerbegegenstandes „Personal- und Unternehmensberatung“ nicht ausreichend. Vielmehr ist es gemäß § 421g Abs 3 Nr 4 SGB III erforderlich, dass die „Arbeitsvermittlung als Gegenstand eines Gewerbes“ sein muss, was dieser durch eine entsprechende Gewerbeanmeldung nach außen zu dokumentieren hat.

So das Bundessozialgericht in dem hier vorliegenden Fall einer streitigen Zahlung einer Vergütung aus einem Vermittlungsgutschein des Beklagten für die Vermittlung des Beigeladenen in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach § 16 Abs 1 SGB II iVm § 421g SGB III. Die Klägerin – eine Personal- und Unternehmensberatungsgesellschaft mit beschränkter Haftung – meldete als solche ihr Gewerbe 1996 an. Am 20.2.2007 erfolgte die Gewerbeummeldung mit der Erweiterung des Gegenstandes des Gewerbes auf „Arbeitsvermittlung“. Am 7.8.2006 schloss die Klägerin mit dem Beigeladenen, der zu diesem Zeitpunkt Alg II bezog, einen Vertrag über die Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Am 18.9.2006 stellte der Beklagte dem Beigeladenen einen Vermittlungsgutschein über 2000 Euro aus, mit einer Gültigkeit vom 18.9. bis 17.12.2006. Der Vermittlungsgutschein, den der Beigeladene der Klägerin übergab, enthielt den Hinweis, dass dem Vermittler eine Vergütung aus diesem nur gezahlt werde, wenn er nachweise, dass er Arbeitsvermittlung als Gegenstand seines Gewerbes angemeldet habe. Der Beigeladene wurde von der Klägerin alsdann in ein am 1.10.2006 beginnendes und bis 31.8.2008 befristetes Beschäftigungsverhältnis vermittelt. Den Antrag der Klägerin auf Auszahlung von 1000 Euro aus dem Vermittlungsgutschein lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 20.11.2006 mit der Begründung ab, dass die Arbeitsvermittlung nicht Gegenstand ihres angemeldeten Gewerbes sei. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Düsseldorf1 Klage erhoben und ist dort – genauso wie beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen2 mit der Berufung – gescheitert. Daraufhin hat die Klägerin die vom Landessozialgericht zugelassene Revision zum Bundessozialgericht eingelegt.

In seiner Begründung führt das Bundessozialgericht an, dass nach § 16 Abs 1 S 1 SGB II die Agentur für Arbeit zur Eingliederung die Leistungen nach § 35 SGB III erbringt und nach § 16 Abs 1 S 2 SGB II ua auch die in § 421g SGB III geregelten Leistungen erbringen kann. Macht der Grundsicherungsträger von seinem Entschließungsermessen Gebrauch und erteilt einem nach dem SGB II Leistungsberechtigten einen Vermittlungsgutschein, ist er nach näherer Maßgabe des § 421g SGB III zur Erfüllung des Zahlungsanspruchs eines vom Anspruchsberechtigten eingeschalteten Vermittlers, der diesen in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt hat (Abs 1 S 1 und 4, Abs 2) verpflichtet3. Eine Vergütung wird in Höhe von 1000 Euro nach einer sechswöchigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses unmittelbar an den Vermittler gezahlt (Abs 2 S 2 und 3). Die Zahlung der Vergütung ist allerdings nach § 421g Abs 3 Nr 4 SGB III ausgeschlossen, wenn der Vermittler nicht nachweist, dass er die Arbeitsvermittlung als Gegenstand seines Gewerbes angezeigt hat oder nach den gesetzlichen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben beteiligt worden ist. Letztere Fallgestaltung lag nach den von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellungen des Landessozialgerichts nicht vor. Die Klägerin konnte jedoch auch keine Gewerbeanmeldung iS des § 421g Abs 3 Nr 4 SGB III nachweisen.

Die Vorschrift verlangt ausdrücklich den Nachweis der Anzeige des Gewerbegegenstandes „Arbeitsvermittlung“. Hieran mangelt es im vorliegenden Fall. Die Klägerin verfügt zum Zeitpunkt des Beginns des von ihr dem Beigeladenen vermittelten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses am 1.10.2006 zwar über eine Gewerbeanmeldung, die Personal- und Unternehmensberatung zum Gegenstand hatte. Erst zum 20.2.2007 hat sie die Arbeitsvermittlung als Gewerbegegenstand angemeldet. Damit ist sie jedoch zum maßgeblichen Zeitpunkt von der Zahlung der Vergütung nach § 421g Abs 3 SGB III ausgeschlossen gewesen.

Mit dem Nachweis des Gewerbegegenstandes „Personal- und Unternehmensberatung“ genügt die Klägerin nicht den Anforderungen des § 421g Abs 3 Nr 4 SGB III. Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale „Arbeitsvermittlung als Gegenstand eines Gewerbes“ nach § 421g Abs 3 Nr 4 SGB III zeigt, dass sie allein nicht ausreicht, um den Ausschlussgrund des § 421g Abs 3 Nr 4 SGB III zu überwinden. Bereits aus dem Wort „Arbeitsvermittlung“ lassen sich erste Anhaltspunkte dafür gewinnen, dass „Personal- und Unternehmensberatung“ nicht mit dieser deckungsgleich ist. „Arbeitsvermittlung“ ist vom Wortlaut her auf die Vermittlung eines Ausbildungs- oder Arbeitsuchenden in Arbeit gerichtet – durch Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitgeber4. Auch § 35 Abs 1 S 2 SGB III in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung definiert Vermittlung umfassend als alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, Ausbildungssuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Ausbildungsverhältnisses und Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Die „Personal- und Unternehmensberatung“ hingegen zielt in erster Linie auf die Beratung von Unternehmen, wenn dabei auch die Rekrutierung von Personal für das Unternehmen, allerdings aus Sicht des Unternehmens, mit in den Blick genommen werden mag. Dass es im Rahmen des § 421g SGB III jedoch ausschließlich auf die Vermittlung eines leistungsberechtigten Arbeitsuchenden in Arbeit ankommt und die Tätigkeit der Vermittlung auch nur dann honoriert werden soll, wenn diese der oder zumindest ein Hauptzweck des Gewerbes ist, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, der systematischen Stellung der Vorschrift innerhalb des Normgefüges des SGB III sowie dem Sinn und Zweck des Vergütungsausschlusses im Falle des fehlenden Nachweises der Arbeitsvermittlung als Gegenstand des Gewerbes.

Die Gesetzesgeschichte zeigt, dass der Gegenstand der Arbeitsvermittlung die soeben dargelegte Ausrichtung auf die Interessen des zu Vermittelnden erfordert. 2002 ist der Erlaubnisvorbehalt für private Arbeitsvermittlungen aufgehoben worden. Seit 27.3.2002 dürfen private Arbeitsvermittler eine Vergütung für die Vermittlungsleistung vom Arbeitsuchenden verlangen5. Bereits in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung wird darauf hingewiesen, dass der seriös arbeitende Vermittler sich an den Interessen der Arbeitsuchenden orientieren müsse6. Diese Ausrichtung auf den zu Vermittelnden wird in der Begründung zur Einfügung der Nr 4 in § 421g Abs 3 SGB III durch das Vierte Gesetz zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom 19.11.20047 nochmals bekräftigt, wenn als Ziel des Vermittlungsgutscheins angegeben wird, die professionell arbeitenden privaten Arbeitsvermittler verstärkt für arbeitnehmerorientierte Vermittlung nutzen zu wollen. Nach den Vorstellungen im Gesetzgebungsverfahren soll also das Gewerbe des Vermittlers in erster Linie auf eine unabhängige Vermittlung des Leistungsberechtigten ausgerichtet sein.

Das Erfordernis der Ausrichtung der Betätigung des privaten Arbeitsvermittlers auf die Vermittlung des Arbeitnehmers wird nochmals deutlicher bei einer Betrachtung des systematischen Zusammenhangs, in dem die Zahlung für die Vermittlung durch die Arbeitsagentur an den Vermittler steht. Dem Vermittler wird für seine Tätigkeit nach § 421g Abs 2 S 3 SGB III die Leistung aus dem Vermittlungsgutschein des Arbeitnehmers für dessen erfolgreiche Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgezahlt. Der Vermittlungsgutschein wird nach § 421g Abs 1 S 1 SGB III Arbeitnehmern, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, oder die eine Beschäftigung ausüben oder zuletzt ausgeübt haben, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder als Strukturanpassungsmaßnahme nach dem Sechsten Abschnitt des Sechsten Kapitels gefördert wird oder wurde, erteilt. Die Regelung des § 421g SGB III ergänzt dabei die Leistungen der Arbeitsagentur nach dem 3. Kapitel des SGB III (in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung), das mit Beratung und Vermittlung überschrieben ist, insbesondere das Vermittlungsangebot der Arbeitsagentur an Ausbildungs- und Arbeitsuchende nach § 35 SGB III. Der Vermittlungsgutschein ist mithin eine Eingliederungsleistung für den insoweit leistungsberechtigten Personenkreis. Wenn jedoch der Zahlungsanspruch des privaten Vermittlers von der Leistung der Arbeitsagentur an den zu Vermittelnden abhängig ist und dessen Vermittlung durch § 421g SGB III honoriert wird, muss auch dessen Vermittlung Gegenstand des Gewerbes sein.

Um diese Ausrichtung der Tätigkeit auf die „Arbeitsvermittlung“ sicherzustellen, ist es auch konsequent, wenn § 421g Abs 3 Nr 4 SGB III fordert, dass sie Gegenstand des Gewerbes des privaten Vermittlers sein muss, was dieser durch eine entsprechende Gewerbeanmeldung nach außen zu dokumentieren hat, wenn er eine Zahlung aus dem ihm überreichten Vermittlungsgutschein erwirken will. Sinn und Zweck des § 421g Abs 3 Nr 4 SGB III ist es zu gewährleisten, dass die Vermittlung professionell und zum Nutzen der nach § 421g SGB III Leistungsberechtigten erfolgt. Sie soll die Gefahr von Missbrauch und Mitnahmeeffekten reduzieren8. Eine nur gelegentliche Vermittlungstätigkeit soll dadurch ausgeschlossen werden, vor Allem um von der Branche entwickelte Qualitätsstandards sicherzustellen. Dieses Ziel hat der Gesetzgeber des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt – Eingliederungschancengesetz – nochmals unterstrichen9. Zwar hat er durch das neue Erfordernis einer Trägerzulassung für den privaten Arbeitsvermittler unter den Voraussetzungen des nach dem Eingliederungschancengesetz vom 20.12.201110 ab dem 1.4.2012 geltenden § 178 SGB III der Kritik an der schwierigen inhaltlichen Kontrolle der Vermittlungstätigkeit allein durch die Gewerbeanmeldung Rechnung getragen11. Diese Regelung kommt nach der Übergangsvorschrift des § 443 Abs 3 S 3 SGB III idF des Eingliederungschancengesetzes jedoch erst zum 1.1.2013 zum Tragen. Bis dahin ist die Zahlung weiterhin von der Gewerbeanmeldung für „Arbeitsvermittlung“ abhängig. Gerade diese Kritik und die Reaktion des Gesetzgebers zeigen jedoch, dass zur Sicherung der oben dargelegten Ausrichtung der Tätigkeit auf die Vermittlung des Arbeitnehmers wenigstens eine Dokumentation dessen durch eine Gewerbeanmeldung zwingend erforderlich ist. Es soll vermieden werden, dass die Vermittlungstätigkeit „nebenher“ betrieben wird, auch nicht neben der anders ausgerichteten Personal- und Unternehmensberatung, ohne dass die Eigenständigkeit des Gewerbegegenstandes „Vermittlung“ erkannt wird.

Die nachträgliche Anzeige des Gewerbegegenstandes „Arbeitsvermittlung“ steht ebenfalls der Anwendung des § 421g Abs 3 Nr 4 SGB III nicht entgegen. Wenn, wie eingangs bereits dargelegt, die Zahlung der Vergütung von dem Beginn des vermittelten Beschäftigungsverhältnisses abhängig ist, muss auch spätestens zu diesem Zeitpunkt die Anzeige des Gewerbegegenstandes „Arbeitsvermittlung“ erfolgt sein. Das war hier zum 1.10.2006 nicht der Fall, denn die Gewerbeummeldung erfolgte erst zum 20.2.2007.

Einen Anspruch darauf, sie so zu stellen, als hätte sie ein Gewerbe mit dem Gegenstand „Arbeitsvermittlung“ angezeigt, hat die Klägerin auch nicht auf Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Dessen Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Abgesehen davon dass der dem Beigeladenen ausgestellte Vermittlungsgutschein den Hinweis enthält, die Vergütung werde nur dann ausgezahlt, wenn der Vermittler nachweise, dass er die Arbeitsvermittlung als Gegenstand des Gewerbes angemeldet habe, was, wie bereits dargelegt, nicht der Fall war, kann die Klägerin auch nicht damit durchdringen, der Beklagte habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, sie darüber zu beraten, was unter dem Gewerbegegenstand „Arbeitsvermittlung“ zu verstehen sei.

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen12.

Es besteht hier bereits kein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer unterlassenen Beratung durch den Beklagten, also der Pflichtverletzung, und dem Nachteil für die Klägerin. Denn eine Beratungspflicht setzt voraus, dass die Behörde Anhaltspunkte dafür hat, dass ein entsprechendes Bedürfnis für eine Beratung besteht. Hieran fehlt es regelmäßig bezüglich derjenigen Umstände und Verhältnisse, die die Behörde nicht kennen kann, wie hier zB, dass die vom Beigeladenen gewählte Vermittlerin lediglich über eine Gewerbezulassung mit dem Gegenstand der „Personal- und Unternehmensberatung“ verfügte. Der Beratungsbedarf hätte mithin durch die Klägerin selbst an den Beklagten herangetragen werden müssen. Ob in der Antragstellung ein derartiges Beratungsersuchen zu erblicken sein kann, kann hier dahinstehen. Denn für eine Korrektur der Anzeige des Gewerbegegenstandes war es für den Zahlungsanspruch in diesem Fall zu spät.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen die Abhängigkeit ihres Vergütungsanspruchs von dem Erfordernis der Anzeige eines Gewerbes mit dem Gegenstand „Arbeitsvermittlung“ teilt das Bundessozialgericht nicht.

Die Differenzierung im Hinblick auf die Zahlung der Vergütung an den privaten Vermittler gemäß § 421g Abs 3 Nr 4 SGB III danach, ob eine Gewerbeanzeige für Arbeitsvermittlung nachgewiesen wird oder nicht, stellt keinen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG dar. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet es, verschiedene Gruppen von Normadressaten ungleich zu behandeln, wenn zwischen ihnen nicht Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können13. Wirkt sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig aus14 oder handelt es sich um ein personenbezogenes Merkmal, an dem die Differenzierung ansetzt, kommt es entscheidend auf die Verhältnismäßigkeit zwischen Ungleichbehandlung und rechtfertigendem Grund an15. Ob die zur Prüfung gestellte Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, hängt dann davon ab, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solchem Gewicht bestanden, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen konnten16.

Gemessen an diesem Maßstab hat der Gesetzgeber hier keine gleichheitswidrige Regelung geschaffen. Die getroffene Differenzierung zwischen privaten Vermittlern mit oder ohne Gewerbeanmeldung für „Arbeitsvermittlung“ wird durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt. Wie zuvor bereits dargelegt, ist das Erfordernis der Anzeige des Gewerbegegenstandes „Arbeitsvermittlung“ nicht gänzlich ungeeignet, um eine Kontrolle der Qualität und Zuverlässigkeit der am Markt vertretenen privaten Vermittler zu bewirken. Dabei spielt es keine Rolle, dass es bessere Kontrollmöglichkeiten geben könnte, wie zB die in Zukunft erforderliche Trägerzulassung nach § 178 SGB III. Die Gewerbeanzeige gewährleistet zumindest, dass der Anzeigende sich bewusst damit auseinandersetzt, dass er sich auf dem Gebiet der Arbeitsvermittlung betätigen will. Damit entfallen zugleich auch reine „Mitnahmeeffekte“ und es wird vermieden, dass gänzlich unerfahrene oder Vermittler mit einer anderweitigen Interessenverflechtung zu Lasten der Beitragszahler zum Einsatz kommen. Die Erforderlichkeit zumindest einer gewissen Kontrolle folgt bereits aus dem oben dargelegten systematischen Zusammenhang, in dem der Vergütungsanspruch mit dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Eingliederungsleistungen zur Beseitigung von ihn in seiner Existenz bedrohender Arbeitslosigkeit steht, aber auch der Finanzierung der Vergütung aus Mitteln der Beitragszahler. Die Abhängigkeit der Zahlung der Vergütung von dem Nachweis der „Arbeitsvermittlung“ als Gegenstand des Gewerbes wahrt auch die Zweck-Mittel-Relation. So liegt es einerseits in den Händen des privaten Vermittlers selbst, eine derartige Gewerbeanmeldung vorzunehmen und stellt andererseits, wie die Klägerin selbst vorbringt, nur einen auch finanziell geringen Aufwand dar. Sie hat ferner dargelegt, dass die Kontrollen durch die Gewerbeämter nach § 35 GewO schwach ausgeprägt seien. Die Gewerbeanzeige ist mithin eine leicht überwindbare Hürde auf dem Weg zur Betätigung als privater Arbeitsvermittler und ist damit im Verhältnis zu dem dargelegten „Kontrollbedürfnis“ ein angemessenes Mittel.

Eine Verletzung des Grundrechts der Berufsfreiheit des Art 12 GG vermag das Bundessozialgericht ebenfalls nicht zu erkennen. Nach Art 12 Abs 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden. Bereits zur Regelung des § 23 AFG, der noch eine besondere Erlaubnis der BA für die private Arbeitsvermittlung bei Vermittlung einer Beschäftigung im Ausland vorsah, die zudem von der Eignung und Zuverlässigkeit des Vermittlers sowie seinen geordneten Vermögensverhältnissen und angemessenen Geschäftsräumen abhängig gemacht wurde, hat das Bundessozialgericht entschieden, dass hierdurch zwar der Schutzbereich der nach Art 12 Abs 1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit berührt werde. So hat das Bundessozialgericht befunden, diese Zugangsschranke verletzte das Grundrecht des Vermittlers weder auf der Stufe der Berufswahl noch auf der Stufe der Berufsausübung17. Er hat die Zugangsschranke für den Beruf des Arbeitsvermittlers vielmehr als dem Schutz des Arbeitsmarktteilnehmers, insbesondere Arbeitsuchender, vor Arbeitsvermittlern, die nicht die Gewähr für die zum Schutz des Arbeitsmarktteilnehmers erlassenen Vorschriften über die Arbeitsvermittlung insbesondere und das geltende Recht im Allgemeinen bieten, dienend bewertet. Die Zugangsschranke sei damit einem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut geschuldet, das nach ständiger Rechtsprechung verhältnismäßige Regelungen selbst der Berufswahl rechtfertige18. Das Bundessozialgericht schließt sich dieser Rechtsprechung an. Für das wesentlich mildere Mittel der Gewerbeanzeige kann nichts anderes gelten.

Wenn kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Vermittlungsvergütung besteht, bedeutet dies für den Beigeladenen, dass auch ihm gegenüber kein Vergütungsanspruch geltend gemacht werden kann. Denn durch das „Vermittlungsgutscheinverfahren“ soll das Zahlungsrisiko gerade nicht auf den Arbeitnehmer/Arbeitslosen verlagert werden19. Dem entgegenstehende Regelungen im Vermittlungsvertrag sind unbeachtlich (§ 134 BGB).

Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Februar 2012 – B 4 AS 77/11 R

  1. SG Düsseldorf, Urteil vom 17.05.2010 – S 37 (29) AS 371/06[]
  2. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.01.2011 – L 20 AS 1057/10[]
  3. vgl zum Verhältnis von Ermessensleistung im SGB II und Pflichtleistung nach dem SGB III BSG vom 06.04.2011 – B 4 AS 117/10 R, SozR 4-4200 § 16 Nr 6[]
  4. vgl Röller in Küttner, Personalbuch 18. Aufl 2011, Stichwort: „Arbeitsvermittlung , RdNr 3[]
  5. Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat vom 23.03.2002, BGBl I 1130[]
  6. BT-Drucks 14/8529[]
  7. BGBl I 2902[]
  8. vgl BT-Drucks 15/3674, S 10[]
  9. BT-Drucks 17/6277, S 113[]
  10. BGBl I 2854[]
  11. vgl Rademaker in jurisPK-SGB III, Stand 11/09, § 421g RdNr 64; s auch Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand 03/2011, § 421g RdNr 49[]
  12. vgl BSG, Urteil vom 01.04.2004 – Lohnsteuerklassenwechsel – BSGE 92, 267, 279 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen[]
  13. BVerfG vom 07.10.1980 – 1 BvL 50/79, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88; BVerfG vom 11.05.2005 – 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00, BVerfGE 112, 368, 401; BVerfG vom 11.07.2006 – 1 BvR 293/05, BVerfGE 116, 229, 238[]
  14. BVerfG vom 26.01.1993 – 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92, BVerfGE 88, 87, 96[]
  15. BVerfG vom 06.07.2004 – 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160, 171[]
  16. BVerfG vom 06.07.2004 – 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160[]
  17. vgl BSG vom 14.12.2000 – B 11/7 AL 30/99 R, BSGE 87, 208, 216 = SozR 3-4100 § 23 Nr 2[]
  18. BVerfGE 7, 377, 405 ff; BSGE 70, 206, 211 f = SozR 3-4100 § 4 Nr 3; BSG SozR 3-7815 Art 1 § 3 Nr 3 mwN[]
  19. vgl BSG vom 06.04.2006 – B 7a AL 56/05 R, BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1[]