Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte 1. Zutreffend hat das LSG ausgeführt, dass sich die einmalige Einnahme damit im Zeitpunkt des Zuflusses als Einkommen darstellte. Diesen Charakter als Einkommen verliert eine einmalige Einnahme auch nach erneuter Antragstellung im nachfolgenden Bewilligungszeitraum nicht. Die rechtliche Wirkung des „Zuflussprinzips” endet nicht mit dem Monat des Zuflusses, sondern erstreckt sich über den gesamten Zeitraum, auf den das Einkommen (vorliegend nach § 2 Abs 4 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung
Eine Festlegung, ob die Verteilung der einmaligen Einnahme nach § 2 Abs 4 Alg II-V vorliegend über 12 Monate zu erfolgen hatte oder ein kürzerer Zeitraum angezeigt war (vgl § 11 Abs 3 SGB II nF, der eine Verteilung über 6 Monate vorsieht) 4, braucht im derzeitigen Stand des Verfahrens nicht zu erfolgen. Die Feststellungen des LSG im Übrigen lassen schon nicht den Schluss zu, der Bedarf der Kläger sei im Zeitraum von Oktober 2009 bis Februar 2010 jeweils monatlich in der von dem Beklagten angenommenen Höhe gedeckt. Wenn die einmalige Einnahme, was die Kläger vortragen, tatsächlich im Bedarfszeitraum nicht mehr (oder nur noch teilweise) zur Verfügung stand, kommt – entgegen der Auffassung des LSG – schon von daher ein höherer Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Betracht. Es kommt nämlich bei Berücksichtigung einer Einnahme als Einkommen in einem abschließenden Prüfungsschritt darauf an, ob zugeflossenes Einkommen als „bereites Mittel” geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken 5. Dies gilt auch bei Berücksichtigung einer einmaligen Einnahme über einen Verteilzeitraum hinweg ohne Einschränkungen.
Zwar muss der Hilfebedürftige sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen 6. Dementsprechend ist er bei Zufluss einer einmaligen Einnahme gehalten, das Geld nicht zur Schuldendeckung zu verwenden, sondern über den Verteilzeitraum hinweg zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Wenn die einmalige Einnahme, deren Berücksichtigung als Einkommen in Rede steht, tatsächlich aber nicht (mehr) uneingeschränkt zur Verfügung steht, ist ein Leistungsanspruch nicht ausgeschlossen. Die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund einer unwiderleglichen Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten – hier dem Verbrauch der einmaligen Einnahme in bestimmten monatlichen Teilbeträgen – (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, ist mit Art 1 GG iVm Art 20 GG nicht vereinbar 7. Diesem Gedanken folgt das gesetzgeberische Grundprinzip, dass Einkommen nicht „fiktiv” berücksichtigt werden darf, sondern tatsächlich geeignet sein muss, Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Hierauf hat der 4. Senat am Beispiel der Berücksichtigung schwankender Einnahmen bereits hingewiesen 8. Damit ist auch bei der Berücksichtigung einmaliger Einnahmen über einen Verteilzeitraum hinweg auf entsprechenden Vortrag des Leistungsberechtigten hin zu überprüfen, ob die auf diesen Zeitraum bezogene Durchschnittsbetrachtung die tatsächliche Einnahmesituation im Bedarfszeitraum zutreffend wiederspiegelt. Diese Prüfung wird das LSG nach Zurückverweisung des Rechtsstreits nachzuholen haben.
Die Aussage des 4. Senats des Bundessozialgerichts 9 in einem (nach dem dort mitgeteilten Sachverhalt) vergleichbaren Fall, dass „einer bedarfsmindernden Berücksichtigung der Einkommensteuererstattung nicht (entgegenstehe), dass die Kläger die Steuererstattung zur Schuldentilgung verwendet haben” 10, steht nicht im Widerspruch zur vorliegenden Entscheidung. Vorliegend ist nicht darüber zu entscheiden, welche Auswirkungen der Zufluss der einmaligen Einnahme im April 2009 bei Prüfung der Rechtmäßigkeit der Bewilligung für den laufenden Bewilligungszeitraum nach dem Maßstab des § 48 SGB X hatte. Allein hierauf bezieht sich aber die vom LSG in Bezug genommene Aussage des 4. Senats. Weil bei Anwendung des § 48 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit in solchen Fällen nicht eine aktuelle Bedarfslage ungedeckt bleibt, sondern nach Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung (nur) künftig eine Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Grundsicherung entsteht, widerspricht dieses Ergebnis nicht dem Prinzip der Berücksichtigung von Einkommen als „bereiten Mitteln”.
Wegen der erstmaligen Bewilligung von Leistungen für Bewilligungszeiträume, die dem Zufluss einer einmaligen Leistung folgen und über die hier allein zu entscheiden ist, mangelte es im vom 4. Senat des Bundessozialgerichts entschiedenen Fall an hinreichenden Feststellungen zur Einkommens- und Bedarfslage im Folgezeitraum 11, sodass der Rechtsstreit zu entsprechenden Ermittlungen zurückverwiesen worden ist. Gerade die Ausführungen zum notwendigen Prüfungsumfang wegen des folgenden Bewilligungsabschnitts 12 zeigen, dass die tatsächliche Mittellosigkeit im folgenden Bewilligungsabschnitt für den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (auch) nach der dort vertretenen Auffassung nicht unerheblich war. Weitergehende Ermittlungen hätten sich sonst erübrigt. Dass die vorliegende Entscheidung des Senats mit der Auffassung des 4. Senats übereinstimmt, ergibt sich im Übrigen aus der oben zitierten Rechtsprechung aus den Folgejahren.
Verwenden Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts im Verteilzeitraum und führen sie so Hilfebedürftigkeit (ggf teilweise) herbei, kann solches Verhalten einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II auslösen. Insbesondere wenn dem Leistungsberechtigten aus vorangegangenen Bezugszeiträumen oder nach entsprechender Aufklärung durch den Träger der Grundsicherung, die insbesondere bei sog Aufstockern mit laufendem und einmaligen Erwerbseinkommen angezeigt erscheint, bekannt ist oder bekannt sein müsste, in welcher Weise der Einsatz einer einmaligen Einnahme von ihm erwartet wird, kann bei entgegenstehendem Verhalten ein solcher Anspruch entstehen 13.
Der Anspruch nach § 34 SGB II (nunmehr in Verbindung mit den erleichterten Möglichkeiten seiner Realisierung, vgl § 43 Abs 1 SGB II nF) sichert das Bedürfnis der Allgemeinheit ausreichend, Steuermittel nicht dort aufzuwenden, wo die Abwendung von Hilfebedürftigkeit dem Hilfebedürftigen auch aus eigener Kraft möglich gewesen wäre und die Notlage also schuldhaft herbeigeführt wird. Zutreffend verweisen die Kläger darauf, dass auch insoweit das Gesetz mit Sanktionsmöglichkeiten einerseits und dem Ersatzanspruch nach § 34 SGB II andererseits (seit dem 1.04.2011 im Gesetz ausdrücklich als „Ersatzanspruch wegen sozialwidrigen Verhaltens” bezeichnet) abschließend aufzeigt, inwieweit Leistungen trotz Bedürftigkeit nicht oder nur eingeschränkt oder mit einem Gegenanspruch des Trägers belastet gewährt werden sollen.
- vgl nur BSG SozR 4–4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSGE 101, 291 = SozR 4–4200 § 11 Nr 15, RdNr 18[↩]
- BGBl I 453[↩]
- vgl nur BSG Urteile vom 30.09.2008 – B 4 AS 29/07 R – BSGE 101, 291 = SozR 4–4200 § 11 Nr 15, RdNr 21 und – B 4 AS 57/07 R, SozR 4–4200 § 11 Nr 16 RdNr 28 sowie Urteil vom 28.10.2009 – B 14 AS 64/08 R[↩]
- zur alten Rechtslage etwa BSG Urteil vom 27.09.2011 – B 4 AS 180/10 R, SozR 4–4200 § 11 Nr 40 RdNr 32; Urteil vom 25.01.2012 – B 14 AS 101/11 R, SozR 4–4200 § 11 Nr 47 RdNr 30[↩]
- vgl BSG Urteil vom 18.02.2010 – B 14 AS 32/08 R, SozR 4–4200 § 9 Nr 9 RdNr 20; Urteil vom 10.05.2011 – B 4 KG 1/10 R – BSGE 108, 144 = SozR 4–5870 § 6a Nr 2, RdNr 21; Urteil vom 21.06.2011 – B 4 AS 21/10 R, SozR 4–4200 § 11 Nr 39 RdNr 29[↩]
- BSG Urteil vom 19.09.2008 – B 14/7b AS 10/07 R, SozR 4–4200 § 11 Nr 18 RdNr 25[↩]
- vgl nur BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 = Breith 2005, 803 = juris RdNr 28[↩]
- vgl BSG Urteil vom 21.06.2011 – B 4 AS 21/10 R, SozR 4–4200 § 11 Nr 39 RdNr 29[↩]
- BSGE 101, 291 = SozR 4–4200 § 11 Nr 15[↩]
- BSG aaO, RdNr 19[↩]
- BSG aaO, RdNr 27[↩]
- BSG aaO, RdNr 28 ff[↩]
- zu den Voraussetzungen des § 34 SGB II im Einzelnen BSG Urteil vom 02.11.2012 – B 4 AS 39/12 R[↩]