Sozialhilfe-Maßnahmen und ALG II-Sanktionen

Im Rahmen einer Maßnahme nach § 67 SGB XII (Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) findet § 21 SGB XII auf § 35 SGB XII a.F. (jetzt § 27b SGB XII) trotz des Bezuges von SGB II-Leistungen keine Anwendung. Daher sind bei niedrigeren SGB II-Leistungen (aufgrund von Sanktionen) und damit einem niedrigeren Eigenanteil des Leistungsempfängers die insoweit nicht mehr abgedeckten Unterbringungskosten (zusätzlich) vom SGB XII-Leistungsträger zu übernehmen.

Gemäß § 67 SGB XII sind Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind (Satz 1). Soweit der Bedarf durch Leistungen nach anderen Vorschriften dieses Buches oder des Achten Buches gedeckt wird, gehen diese Leistungen den Leistungen nach Satz 1 vor (Satz 2).

Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII umfassen die Leistungen alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere Beratung und persönliche Betreuung für die Leistungsberechtigten und ihre Angehörigen, Hilfen zur Ausbildung, Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes sowie Maßnahmen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung. Zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen ist gemäß Satz 2 in geeigneten Fällen ein Gesamtplan zu erstellen.

Die Leistung wird gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen erbracht, soweit im Einzelfall Dienstleistungen erforderlich sind. Einkommen und Vermögen der in § 19 Abs. 3 genannten Personen ist nicht zu berücksichtigen und von der Inanspruchnahme nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger abzusehen, soweit dies den Erfolg der Hilfe gefährden würde (Satz 2).

Nach § 2 Abs. 5 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten1 – VO nach § 69 SGB XII – sind Leistungen nach §§ 67 ff. SGB XII auch in stationären Einrichtungen zu erbringen. Sie sollen befristet und nur dann gewährt werden, wenn eine verfügbare ambulante oder teilstationäre Hilfe nicht geeignet und die stationäre Hilfe Teil eines Gesamtplans ist, an dessen Erstellung der für die stationäre Hilfe zuständige Träger der Sozialhilfe beteiligt ist.

Dem steht auch nicht die Ausschlussregelung in § 5 Abs. 2 SGB II bzw. § 21 SGB XII entgegen.

Zunächst scheiden die Ausschlussregelungen nach § 5 Abs. 2 SGB II bzw. 21 SGB XII im hier vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall allerdings nicht schon deshalb aus, weil der Kläger sich in einer stationären Einrichtung befunden hatte. Insoweit hat vielmehr das SG zutreffend in seinem Urteil dargelegt, weshalb der Kläger trotz seines Aufenthaltes in dieser stationären Einrichtung nach wie vor erwerbsfähig sein konnte und damit der Ausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II in der seinerzeit vom 28.08.bis 31.12.2007 geltenden Fassung nicht zum Tragen kommt. Eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II liegt nämlich nur dann vor, wenn die objektive Struktur der Einrichtung es nicht zulässt, dass ein Hilfebedürftiger 3 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Erwerbstätigkeit nachgeht2. Der Kläger aber konnte einer Erwerbstätigkeit auch während seines Aufenthaltes im J. nachgehen, so unter anderem vom 23.07.2007 bis 8.08.2007 (bei Aufenthalt noch im Aufnahmehaus) und ab 10.03.2008 bzw. bereits ab 15.11.2007 im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit nach dem SGB II (bei Aufenthalt in der stationären Hilfe). Denn wie im übrigen im Hilfeplan unter „Maßnahmen“ aufgeführt ist, war der Kläger (darin) zu unterstützen, seine aktuelle Arbeit zu erhalten und durch Gespräche mit dem Arbeitgeber (zu) versuchen, ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis daraus zu machen. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts erlaubte daher die Struktur der Einrichtung nicht nur eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit, sondern zielte auch gerade daraufhin ab.

Der Bedarf des Klägers für den notwendigen Lebensunterhalt nach dem SGB XII umfasst nach § 35 Abs. 1 SGB XII (jetzt § 27b SGB XII) den in der stationären Einrichtung erbrachten und den weiteren notwendigen Lebensunterhalt. Der notwendige Lebensunterhalt entspricht dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB XII. Der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten umfasst auch die Übernahme der Kosten für den vom Einrichtungsträger in der stationären Einrichtung gewährten Lebensunterhalt nach § 35 Abs. 1 SGB XII, soweit er in der Einrichtung aufgrund ihrer Funktion neben der eigentlichen Aufgabenerfüllung (hier Maßnahme nach § 67 SGB XII) mitgewährt wird3. Nach dem vorliegenden Konzept des Einrichtungsträgers wird in der stationären Einrichtung Unterkunft und Vollverpflegung zur Aufgabenerfüllung mitgewährt, sind vielmehr sogar die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten Teil des Konzeptes, so dass der Beklagte zur Kostenübernahme insgesamt verpflichtet ist. Der Kläger hat daher auch Anspruch darauf, dass der Beklagte die vollständigen Kosten der stationären Unterbringung übernimmt. Bei Erforderlichkeit einer stationären Maßnahme nach § 67 SGB XII – wie hier vom Beklagten zutreffend angenommen – ist eine Aufsplitterung der stationären Maßnahme in „Maßnahmekosten“ und andere Kosten in §§ 67 ff. SGB XII nicht vorgesehen4. Dies entspricht auch nicht der Zielstellung der §§ 67 ff. SGB XII, nämlich umfassende Maßnahmen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten zur Verfügung zu stellen. Dies folgt aus § 68 SGB XII i. V. m. § 2 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (VO nach § 69 SGB XII). Danach richten sich Art und Umfang der Maßnahmen nach dem Ziel, die Hilfesuchenden zur Selbsthilfe zu befähigen, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen und die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu sichern. Auf Leistungen anderer Stellen oder nach anderen Vorschriften des SGB XII ist hinzuwirken; die Regelungen bei Erstattungsansprüchen der Leistungsträger untereinander gemäß §§ 102 bis 114 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – SGB X – finden insoweit auch zwischen Trägern der Sozialhilfe Anwendung. Daraus folgt, dass das Ziel der Maßnahme insgesamt vom jeweiligen Sozialhilfeträger mit der gewährten Hilfe zu sichern ist und etwaige Ansprüche gegen andere Träger im Wege der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen zu realisieren sind. Grundlage für die Leistungserbringung ist dabei der erstellte Gesamtplan (§ 2 Abs. 1 Satz 4 VO nach § 69 SGB XII). Hilfeempfänger nach § 67 SGB XII sollen die Hilfe aus einer Hand erhalten, Zuständigkeitsfragen sollen zwischen den in Frage kommenden Sozialleistungsträgern geklärt werden5.

In der Sache selbst kann vor dem Hintergrund der Struktur der vom Kläger besuchten Maßnahme, wie sie vom Beigeladenen geschildert wird, schon ein bestimmter Anteil für die Hilfe zum Lebensunterhalt nicht „herausgerechnet“ bzw. „aufgesplittet“ werden. Denn die hauswirtschaftlichen Bereiche (gemeinsames Kochen, gemeinsames Waschen etc.) sind integraler Bestandteil der Maßnahme, denn die Teilnahme sämtlicher Bewohner an den hauswirtschaftlichen Arbeiten dient gerade dem Ziel des (Wieder-)Erlernens dieser Tätigkeiten und der Verselbständigung in diesem Bereich. In der Zentralküche wie auch in den Küchen der Wohngemeinschaften kochen die Bewohner unter Anleitung der Hauswirtschafterin gemeinsame Mahlzeiten, ähnlich verhält es sich bei der Wäsche; in der Wäscherei sind unter Anleitung der Hauswirtschafterin die Bewohner tätig und erlernen dort wie auch bei den Waschmaschinen in den jeweiligen Wohngemeinschaften, diese zu bedienen. Diese Tätigkeiten sind damit letztlich als integraler Bestandteil der Maßnahme nach § 67 SGB XII zu sehen6.

Des Weiteren ist entgegen der Auffassung des SG § 35 SGB XII a.F. bzw. jetzt § 27 b SGB XII auch nicht durch § 21 SGB XII ausgeschlossen. § 35 SGB XII ist in diesem Zusammenhang vielmehr nur als „Rechengröße“ zu sehen, begründet jedoch keinen individuellen Anspruch zur Hilfe zum Lebensunterhalt im Sinne von § 21 SGB XII bzw. § 5 Abs. 2 SGB II.

Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F. (die hier noch maßgeblich ist) umfasst der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt. Der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen entspricht dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 Satz 1 Nr. 1 bis 3 (Satz 2).

Der weitere notwendige Lebensunterhalt umfasst gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 a.F. insbesondere Kleidung und einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung; § 31 Abs. 2 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

Da der Beklagte selbst im Bewilligungsbescheid vom 17.08.2007 von den Gesamtmaßnahmekosten spricht sowie ausdrücklich auf den lediglich dem Kläger noch im Rahmen der Gesamtmaßnahme zur Verfügung stehenden Barbetrag (Taschengeld) und die einmalige Beihilfen hinweist und auf der anderen Seite auf die Pflicht des Klägers zum Eigenbeitrag aus seinen Einnahmen, zeigt, dass der Beklagte davon ausgeht, dass in den Maßnahmekosten auch die Kosten für den notwendigen Lebensunterhalt bereits enthalten sind (Tagessatz multipliziert mit der Anzahl der Monatstage). Der Beigeladene berechnet auch keineswegs gegenüber dem Kläger bzw. dem Beklagten gesondert über den Tagessatz Kosten für Leistungen für den Lebensunterhalt (z.B. Verpflegung).

Hinsichtlich § 35 SGB XII a.F. bzw. jetzt § 27b SGB XII ist zunächst zu beachten, dass diese Regelung gegenüber der früheren Regelungen in § 27 Abs. 3 BSHG eine wesentliche Änderung enthielt. Mit der systematischen Zuordnung der Hilfe zum Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen hat der Gesetzgeber die zuvor in § 27 Abs. 3 BSHG geregelte Verklammerung von Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen aufgelöst. Die in Einrichtungen zu leistende Hilfe zum Lebensunterhalt zählt danach nicht mehr zur Hilfe in besonderen Lebenslage bzw. heute zu den Leistungen nach § 19 Abs. 3, sondern gehört nunmehr zu den Leistungen nach dem Dritten Kapitel „Hilfe zum Lebensunterhalt“ bzw. zum Vierten Kapitel7. Diese Zuordnung hat insofern erhebliche Auswirkungen, als nicht die Einkommensgrenzen nach § 85 SGB XII eingreifen. Auch die Schutzvorschrift beim Einsatz des Vermögens nach § 90 Abs. 3 Satz 2 kommt nicht zur Anwendung. Es gilt vielmehr insoweit § 19 Abs. 1 SGB XII (uneingeschränkter Einsatz des Einkommens). Durch das Änderungsgesetz vom 02.12.2006 ist zwischenzeitlich § 92a SGB XII eingeführt worden, wonach von nicht getrennt lebenden Ehegatten und Lebenspartnern der Einsatz eigener Mittel nur begrenzt verlangt wird. Der Hintergrund der Regelung ist, Hilfe in Einrichtungen möglichst nicht zu privilegieren, da der Grundsatz „ambulant vor stationär“ unterstützt werden soll8.

Große Schwierigkeiten bereitet konkret die Ermittlung des notwendigen Lebensunterhalts in stationären Einrichtungen. Insoweit nennt die Vorschrift in Abs. 1 Satz 2 einen allgemeinen Maßstab und daneben noch „weiteren notwendigen Lebensunterhalt“, wobei dies in Abs. 2 umschrieben wird. Zunächst soll der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen dem Umfang der Leistungen nach § 42 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII entsprechen. Diese Regelung hat in der Praxis zu unübersehbaren Schwierigkeiten geführt, da die Anknüpfung an die Leistungen nach § 42 nicht mit den Leistungserbringungsrecht nach dem § 75 ff. SGB XII kompatibel ist. Dort wird nämlich die Vergütung zwingend in die Bestandteile Unterkunft und Verpflegung (Hotelkosten-Grundpauschale), Maßnahmepauschale und Investitionskosten gegliedert. Die in § 76 Abs. 2 vorgesehene Grundpauschale deckt aber einerseits nicht den gesamten notwendigen Lebensunterhalt ab, andererseits umfassen die Leistungen nach § 42 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII Bedarfsgegenstände, die in stationären Einrichtungen zumeist nicht relevant sind. Der Versuch des Gesetzgebers, den in stationären Einrichtungen zu gewährenden notwendigen Lebensunterhalt ebenso wie außerhalb von Einrichtungen weitgehend zu pauschalieren muss man daher als gescheitert ansehen. Da der Bedarfsdeckungsgrundsatz der Sozialhilfe nicht aufgegeben werden darf, wird die Bezugnahme auf die pauschalierten Leistungen nach § 42 SGB XII auch nur als „Rechengröße“9 verstanden, und nicht als Leistungsnorm für den individuellen Anspruch des Leistungsberechtigten. Die Leistungsvereinbarungen mit den Leistungserbringern müssten jedenfalls bedarfsdeckend sein, sofern man nicht das Problem über die „weiteren Leistungen“ nach Abs. 2 lösen kann.

Das bedeutet aber weiter, dass die Ausschlussregelung nach § 5 Abs. 2 SGB II bzw. § 21 SGB XII bei § 35 SGB XII a.F. bzw. § 27b SGB XII n.F. keine Anwendung finden kann.

Da die Rechtslage – wie oben dargestellt – nicht eindeutig ist, eine eindeutige Regelung aus unterschiedlichen Gründen auch nicht gefunden wurde und mithin unterschiedliche Betrachtungsweisen gut vertretbar sind, favorisiert der Deutsche Verein10 nach dem derzeitigen Erkenntnisstand mit nachstehendem Auslegungsvorschlag eine am Sinn und Zweck der Regelungen orientierte Interpretation, die mit der Technik der teleologischen Reduktion ein den Gesetzestext moderat korrigierendes, praktikables Verständnis der Norm des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII im Verhältnis zu den Erstausstattungen nach § 31 SGB XII beabsichtigt. Die Textexegese zeigt, dass die Verweisung in § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII auf § 42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII ins Leere läuft. Dies ergibt sich aus der Prüfung des Inhalts des § 31 SGB XII unter der Fragestellung, ob die hiernach möglichen Leistungen in einer Einrichtung sinnvoller Weise geleistet werden können oder müssen. Dies ergibt sich aber vor allem aus grundsätzlichen Erwägungen.

Unter Berücksichtigung der Gesetzesgebungsgeschichte muss § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII als Vorschrift zur Berechnung des Anteils der Hilfe zum Lebensunterhalt am Gesamtbedarf an Sozialhilfe in einer Einrichtung gelesen werden. Die Regelung ist als Reaktion im ersten Änderungsgesetz in das SGB XII gelangt, nachdem aus der Praxis die Unklarheit offenkundig geworden war, wie der in der Einrichtung erbrachte, notwendige Lebensunterhalt der Höhe nach zu bestimmen sei. Der Gesetzgeber wollte einen Maßstab zur Bemessung des Lebensunterhalts schaffen und Probleme der praktischen Umsetzung bei der Berechnung und Feststellung der einzelnen Leistungen ausschließen11. Mit seinen Ausführungen in der Gesetzesbegründung macht der Gesetzgeber klar, dass die Vorschrift nicht als Leistungsnorm verstanden werden kann. Sie dient gerade nicht dazu, den individuellen Anspruch eines Leistungsberechtigten auf Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter zu bestimmen. Denn hierfür enthält das Gesetz eigene Anspruchsgrundlagen. Die Vorschrift normiert vielmehr lediglich eine Rechengröße. Da sie lediglich eine Rechengröße darstellt, kommt es letztlich nicht darauf an, welche individuellen Ansprüche unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls bestehen. Die Bedarfsberechnung im Einzelfall hat selbstverständlich ohnehin zu erfolgen, sie schließt die Prüfung sämtlicher Leistungsnormen des SGB XII ein. Lediglich fiktiv setzt § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII aber einen bestimmten Anteil der möglichen Leistungen nach dem SGB XII als Berechnungsmodule des Lebensunterhalts in Einrichtungen an. Belege hierfür ist die Regelung des § 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII, wonach die Kosten für Miete und Heizung in der Einrichtung nicht den marktmäßigen sondern DurchschnittsPreisen entsprechen. Belege hierfür ist ferner, dass nur ein Teil der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 SGB XII erfasst werden. Diese Berechnungsweise erfolgt – was hier keiner Bewertung unterliegen soll – im Übrigen auch unabhängig von den in einer Einrichtung zu zahlenden Grundpauschalen und Investitionsbeträgen12.

Auch die Gesetzesbegründung aus dem Jahr 2006 zur Änderung des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII durch das SGB XII Änderungsgesetz spricht im Übrigen von einem bloßen Rechenbetrag13. Damit habe gewährleistet werden sollen, dass Leistungsempfänger in stationären Einrichtungen mit Leistungsempfängern außerhalb von Einrichtungen gleichgestellt würden.

Damit aber sind vom Sozialhilfeträger, soweit tatsächlich Einkommen des Hilfebedürftigen ganz oder teilweise (aus welchen Gründen auch immer) weggefallen ist, die dadurch offen gebliebenen Kosten zu übernehmen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass anderenfalls der Sozialhilfeträger die Maßnahme, die gerade dazu dient, den Hilfebedürftigen wieder in geordnete Verhältnisse – hier insbesondere aus der Obdachlosigkeit – zu bringen, selbst zum Scheitern bringen würde. Denn dann wäre nicht auszuschließen, dass der Einrichtungsträger den Vertrag mit dem Hilfebedürftigen kündigt und dieser wieder obdachlos wäre.

Der Anwendungsbereich der §§ 5 Abs. 2 SGB II und 21 SGB XII muss folglich im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend eingegrenzt werden , dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift bei grundsätzlicher Leistungsberechtigung nach dem SGB II lediglich Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII außerhalb von Einrichtungen ausgeschlossen sein können. Denn nur bei den Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen besteht das von der Gesetzesbegründung postulierte „abgestimmte Leistungsniveau zwischen beiden Büchern“. Im Verhältnis zu den Leistungen zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem SGB XII käme es andernfalls zu vielfältigen Friktionen, die nach der ursprünglichen Konzeption des Gesetzgebers nicht über § 21 SGB XII, sondern über ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II gelöst werden sollten.

Ob und inwieweit dem Beklagten gegebenenfalls gegenüber dem Kläger ein Erstattungs- bzw. Ersatzanspruch nach § 103 SGB XII (Kostenersatz sofern durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten die Voraussetzungen für die Leistungen der Sozialhilfe herbeigeführt worden sind – hier möglicherweise durch die vom Kläger verursachten Sanktionen im SGB II-Bereich) zusteht, war hier nicht zu prüfen, da zum einen der Beklagte bislang einen solchen Regress/Ersatzanspruch nicht geprüft und geltend gemacht hat und zum anderen dies an der nach Auffassung des Senates vorrangig bestehenden Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der offenen Kosten im Zusammenhang mit der Unterbringung im J. nichts ändert.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18. April 2012 – L 2 SO 5276/10

  1. vom 24.01.2001, BGBl. I 179[]
  2. BSG Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 16/07 R, BSGE 99, 88 = SozR 44200 § 7 Nr. 7[]
  3. vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 22.03.1990 – 5 C 58/86, ZfSH/SGB 1990, 308309 noch zu § 27 Abs.3 BSHG[]
  4. siehe LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17.08.2007 – L 23 B 167/07 SO ER[]
  5. so LSG Berlin-Brandenburg a.a.O. und Beschluss vom 30.05.2007 – L 15 B 82/07 SO ER[]
  6. siehe LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.08.2007 – L 23 B 167/07 SO ER; siehe auch zum Mittagessen in einer Werkstatt für Behinderte im Rahmen der Eingliederungshilfe: BSG, Urteil vom 09.12.2008 – B 8/9b SO 12/07 R[]
  7. s. BSG Urteil vom 09.12.2008 a.a.O.[]
  8. Grube/Wahrendorf, SGB XII Sozialhilfe, 3. Auflage § 35 Rdnr. 3; Armborst in LPK-SGB XII § 27b Rdnr.1[]
  9. so Fahlbusch Deutscher Verein, Gutachten G 24/04 vom 01.08.2005; siehe auch Grube a.a.O. sowie Armborst a.a.O. Rdnr. 5 []
  10. Fahlbusch im Gutachten 24/04 vom 01.08.2005[]
  11. BT-Drs. 15/3673, S.3[]
  12. Fahlbusch, Deutscher Verein, Gutachten G 24/04 vom 01.08.2005 Nrn.5 und 6[]
  13. BRat-Drs. 617/06, S. 17[]