Eine Gleitsichtbrille stellt im Rahmen der Grundsicherung nach dem SGB II nach einem Urteil des Sozialgerichts Detmold einen Sonderbedarf dar. Die Kosten für die Beschaffung einer Gleitsichtbrille sind daher als unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger Mehrbedarf vom Grundsicherungsträger zu übernehmen.
Dies folgt für das Sozialgericht Detmold für die Zeit vor dem 3. Juni 2010 unmittelbar aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 20101. Die darin vom Bundesverfassungsgericht geforderte atypische Bedarfslage erklärt sich hier aus der besonderen Lebenssituation des an Diabetes mellitus erkrankten Leistungsempfängers. Dieser kann sein durch das Grundgesetz garantiertes Existenzminimum durch die pauschaliert erbrachten Leistungen nach dem SGB II nicht mehr sicherstellen. Er kann insbesondere die Kosten für die Anschaffung der Sehhilfe wegen des bereits gesundheitsbedingt erheblichen Bedarfs nicht aus der Regelleistung an- oder einsparen.
Betrachtet man den atypischen Bedarf nur nach Gegenständen getrennt, so könnte es sein, dass überhaupt kein Mehrbedarf im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichts entstünde, wenn jeder Einzelposten nur einmal im Bewilligungszeitraum benötigt würde. Eine solche Sichtweise wird nach dem Urteil des Sozialgerichts Detmold der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aber nicht gerecht. Der Gesetzgeber sollte hierdurch vielmehr veranlasst werden, dafür Sorge zu tragen, dass in besonderen Härtefällen das Existenzminimum von Menschen, die regelmäßig mehr Leistungen benötigen, als sich aus dem statistischen Mittel ergibt, im untersten Netz der sozialen Absicherung ausreichend aufgefangen werden.
Sozialgericht Detmold, Urteil vom 11. Januar 2011 – S 21 AS 926/10
- BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09; 1 BvL 3/09; 1 BvL 4/09[↩]