Vorrang von Wohngeld vor Sozialhilfe

Wer Anspruch auf Wohngeld hat, das der Höhe nach seinen sozialhilferechtlichen Bedarf für Unterkunftskosten deckt, erhält insoweit keine Sozialfhilfe, wie eine aktuelle Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe zeigt:

So sieht die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Regelung des § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 b WoGG 2009 vor, dass der Ausschluss von Wohngeld nicht besteht, wenn durch das Wohngeld die Hilfebedürftigkeit i.S.v. §§ 42 ff. SGB XII vermieden oder beseitigt werden kann und der zuständige Träger eine der nach § 7 S. 1 Nr. 1 bis 7 WoGG 2009 genannten Leistungen, zu welchen auch die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 4. Kapitel SGB XII rechnet, als nachrangig verpflichteter Leistungsträger in Anwendung von § 104 SGB X erbringt. Diese Neuregelung stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf Fälle dar, in denen an sich ein vorrangiger Wohngeldanspruch besteht, er aber bislang wegen des aktuellen Bezugs von Transferleistungen nicht durchgesetzt werden konnte. Mit der Neuregelung soll der Wechsel aus dem Transferleistungsbezug in das Wohngeld erleichtert werden, wenn durch Wohngeld die Hilfebedürftigkeit vermieden werden kann. Ein Wohngeldausschluss soll so eingeschränkt werden, dass jedenfalls übergangsweise ein gleichzeitiger Bezug von bestimmten Transferleistungen und Wohngeld möglich ist und sodann im Erstattungswege zwischen den Leistungsträgern ausgeglichen wird1. Daraus ergibt sich der Vorrang des Wohngeldanspruchs vor dem Sozialhilfeanspruch.

Der Vorrang des Wohngeldanspruchs ist vorliegend auch unmittelbar durchsetzbar (Stichwort: bereite Mittel2, weil die Wohngeldbehörde des Antragsgegners der Sache nach Wohngeld – auch rückwirkend – bewilligen will, wie es sich aus den Ausführungen im Bescheid vom 24. März 2010 ergibt. Die gleichwohl aus formellen Gründen ergangene Ablehnungsentscheidung der Wohngeldbehörde vom 24. März 2010 ist im Hinblick auf § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 2a WoGG rechtlich zwar problematisch, weil im Fall der Antragstellerin tatsächliche Grundsicherungsleistungen noch nicht erbracht worden sind. Dieser Bescheid ist hier aber weder streitgegenständlich noch vor dem erkennenden Gericht überhaupt anfechtbar, ist für die gerichtliche Prüfung von Wohngeldentscheidungen doch nach wie vor die Verwaltungsgerichtsbarkeit sachlich allein zuständig ist.

Besteht danach der Wohngeldvorrang ist weiter zu fragen, ob der Wohngeldanspruch konkret ausreicht, den sozialhilferechtlichen Ergänzungsbedarf der Antragstellerin zu decken. Das ist vorliegend der Fall. Der sich nach der fiktiven Berechnung des Antragsgegners auf monatlich ca. 96 € belaufende Wohngeldanspruch der Antragstellerin deckt ihren sozialhilferechtlichen Bedarf voll ab.

Sozialgericht Karlsruhe, Beschluss vom 28. April 2010 – S 4 SO 1393/10 ER

  1. vgl. im Einzelnen BR-Drs. 754/08; vgl. ebenso VGH B-W, Urteil vom 23.06.2009, 12 S 2854/07[]
  2. vgl. BVerwGE 21, 208, 212, 213; 38, 307, 309; 55, 148, 152; 67, 163, 166, 167; sowie BVerwG, Urteil vom 12.10.1993 – 5 C 38/92, Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr. 16; BVerwG, Beschlüsse vom 13.05.1996 – 5 B 52/96; und vom 21.12.1999 – 5 B 84.99[]