Nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 51, 57 und 58 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister war dem Grunde nach förderfähig. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BAföG wird Ausbildungsförderung u.a. für den Besuch von Berufsfachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, sofern sie in einem zumindest zweijährigen Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln, geleistet. Eine entsprechende Förderung durch das Landratsamt F. scheiterte alleine daran, dass der Antragsteller die Altersgrenze im Sinne von § 10 Abs 3 BAföG überschritten hat und auch kein Ausnahmefall vorliegt. Mithin liegen die persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung nach dem BAföG nicht vor.
Unerheblich ist, dass der Antragsteller tatsächlich keine Leistungen nach dem BAföG erhalten konnte. Die Gewährung von Leistungen nach dem BAföG ist mithin nicht grundsätzlich, sondern lediglich aus in der Person des Klägers liegenden (individuellen) Gründen – hier die Überschreitung der Altersgrenze – nicht möglich gewesen. Das Vorliegen individueller Versagensgründe steht dem Leistungsausschluss iSd § 7 Abs 5 SGB II jedoch nicht entgegen1. Grundsätzlich enthält bereits die Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder gemäß dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch auch die Kosten des Lebensunterhalts. Diese Ausbildungsförderungsmöglichkeiten sind nach der gesetzgeberischen Konzeption des Sozialleistungssystems abschließend, weshalb auch das Alg II nicht dazu dienen soll, subsidiär die Ausbildung in solchen Fällen zu fördern, in denen die Leistungsvoraussetzungen nach dem BAföG nicht vorliegen2. Es ist deshalb auch kein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip oder eine Verfassungswidrigkeit der Regelung erkennbar3.
Da der Antragsteller von einer BAföG-Förderung nicht nach § 2 Abs 1a BAföG ausgeschlossen ist und sich sein Bedarf fiktiv zwar nach § 12 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BAföG richtet, tatsächlich aber keine Ausbildungsförderung gezahlt wird4, ergibt sich auch nach § 7 Abs 6 Nr 1 bzw. Nr 2 SGB II kein Anspruch auf Alg II. Ein Fall des § 7 Abs 6 Nr 3 SGB II liegt ebenfalls nicht vor.
Es besteht auch kein Anspruch auf Leistungen nach § 27 SGB II. Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Auszubildende im Sinne des § 7 Abs 5 SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur nach Maßgabe des § 27 Abs 2 bis 5 SGB II. Mehrbedarfe sind beim Antragsteller nicht ersichtlich und auch nicht dargelegt, so dass Leistungen nach § 27 Abs 2 SGB II ausscheiden. Da der Antragsteller eine Ausbildungsförderung tatsächlich nicht erhält und diese auch nicht nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhält, greift § 27 Abs 3 SGB II nicht ein. Leistungen nach § 27 Abs 5 SGB II werden nicht geltend gemacht.
Es liegt auch kein besonderer Härtefall im Sinne des § 27 Abs 4 Satz 1 SGB II vor, der zu einer darlehensweisen Leistungsbewilligung führen könnte. Bei dem Begriff des „besonderen Härtefalls“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung in vollem Umfang der rechtlichen Überprüfung durch das Gericht unterliegt5. Ein solcher Fall ist jedoch nur gegeben, wenn ein atypischer Lebenssachverhalt vorliegt, der es für den Auszubildenden auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses objektiv nicht zumutbar erscheinen lässt, seine Ausbildung zu unterbrechen; die Folgen des Anspruchsausschlusses müssen deshalb über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung der Leistungen zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist, und es muss auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die nachrangigen Fürsorgeleistungen von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheinen, vom Auszubildenden zu erwarten, von der Ausbildung teilweise, vorübergehend oder ganz Abstand zu nehmen6. Es ist grundsätzlich auch hinnehmbar, dass im Hinblick auf die vom Gesetzgeber gewollte Folge eines mehrstufigen Sozialleistungssystems eine Ausbildung nach den speziellen Leistungsgesetzen – wie hier dem BAföG – nicht mehr gefördert werden kann, diese gegebenenfalls aufzugeben oder abzubrechen ist7. Wegen der Einheit der Gesamtrechtsordnung kann der Antragsteller deshalb seinem möglichen Leistungsausschluss nach dem BAföG nicht einem anderen Sozialleistungssystem, nämlich vorliegend dem SGB II, überbürden. Das SG hat zutreffend darauf verwiesen, dass nicht objektiv belegbar ist, dass ein anderweitiger Zugang des Antragsteller zum Arbeitsmarkt nicht in Betracht kommt. Alleine der Umstand, dass die Ausbildung seit Oktober 2012 erfolgreich absolviert wird, führt nicht zu einem Härtefall, zumal dem Antragsteller bereits vor Aufnahme der Ausbildung bekannt war, dass er deren Beginn keinen Leistungsanspruch mehr hat.
Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 13. Mai 2013 – L 11 AS 151/13 B ER
- BSG, Urteil vom 30.08.2010 – B 4 AS 97/09 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 19 – mwN; BSG, Urteil vom 30.09.2008 – B 4 AS 28/07 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 9[↩]
- vgl BSG, Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 28/06 R, mwN[↩]
- vgl dazu insgesamt: Bayer.LSG, Urteil vom 27.03.2013 – L 11 AS 401/11[↩]
- zur Notwendigkeit des tatsächlichen Bezuges von BAföG bei § 7 Abs 6 Nr 2 SGB II: Hänlein in: Gagel, SGB II/SGB III, § 7 SGB II Rn 93 mwN[↩]
- vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 – B 14/7b AS 36/06 R[↩]
- so bereits BVerwG, Urteil vom 14.10.1993 – 5 C 16/91, zu § 26 Abs 1 Satz 2 BSHG; LSG Hamburg, Beschluss vom 02.02.2006 – L 5 B 396/05 ER AS[↩]
- vgl dazu insgesamt: Bayer. LSG, Urteil vom 27.03.2013 – L 11 AS 401/11[↩]