Bei einem sehr geringen Streitwert (hier 20 Cent) entfällt das Rechtsschutzinteresse.
Mit dieser Begründung hat das Bundessozialgericht in dem hier vorliegenden Fall die Klage einer Frau abgewiesen, die weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 20 Cent begehrt hat. Der Beklagte bewilligte der Klägerin Leistungen in Höhe von 624,80 Euro (Regelleistung und Mehrbedarf für werdende Mütter in Höhe von 376,50 Euro sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 248,30 Euro; später korrigiert auf 249,24 Euro). Mit ihrem Widerspruch machte sie (anwaltlich vertreten) die mangelnde Begründung des Bescheides und die unzutreffende Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs. 2 SGB II geltend. Der Beklagte hielt eine Auf- und Abrundung hinsichtlich der Kosten der Unterkunft nicht für statthaft. Insoweit seien gemäß § 22 Abs. 1 SGB II die tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit sie angemessen seien.
Der hiergegen gerichteten Klage hat das Sozialgericht Nordhausen1 stattgegeben. Regelbedarf und Mehrbedarf einerseits und Kosten der Unterkunft andererseits seien getrennt zu runden. Daraus ergebe sich eine Aufrundung von 376,50 Euro auf 377 Euro und eine Abrundung der Kosten der Unterkunft und Heizung auf 248 Euro und mithin ein Leistungsanspruch in Höhe von 20 Cent. Das Landessozialgericht2 hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Die Klage sei zulässig. Allein ein geringer Streitwert lasse das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen. Ausgehend von dem um 94 Cent erhöhten Betrag für die KdU hat es einen zusätzlichen Leistungsbetrag von 26 Cent ermittelt; wobei es eine Rundung erst beim Gesamtbetrag der Leistungen als angezeigt ansah. Der Gesamtanspruch in Höhe von 625,74 Euro sei nach § 41 Abs. 2 SGB II auf einen vollen Eurobetrag um 0,26 Euro auf 626 Euro aufzurunden. Dies wirkte sich auf die Entscheidung des Landessozialgerichts nicht aus, weil nur der Beklagte Berufung eingelegt hatte.
Das beklagte Jobcenter hat Revision eingelegt. Es bestehe für die Klage auf einen Bagatellbetrag bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Der möglicherweise bestehende Anspruch stehe in keinem Verhältnis zu den Kosten für die Bereithaltung der Justiz. Zudem würde ein vernünftig und rational handelnder Beteiligter keinen Rechtsanwalt beauftragen und so zusätzlich ein Kostenrisiko eingehen.
In seinem Urteil hat das Bundessozialgericht dem Jobcenter Recht gegeben. Zwar steht der Klägerin eine Klagebefugnis zu, denn sie kann sich darauf berufen, durch die teilweise Ablehnung einer höheren Leistung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die sich aus der Anwendung der Rundungsregelung beim Leistungsberechtigten ergebenden Vor- bzw Nachteile betreffen unmittelbar dessen durch das SGB II begründete Rechtsposition. Für einen Leistungsberechtigten, der mit seiner Klage ausschließlich die Verletzung der Rundungsregelung nach § 41 Abs 2 SGB II aF geltend macht, besteht jedoch kein (allgemeines) Rechtsschutzbedürfnis. Eine Verletzung dieser aus der Rundungsregelung resultierenden Beschwer ist auch für einen Bezieher von Grundsicherungsleistungen wirtschaftlich so geringfügig, dass sie die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtschutzes nicht rechtfertigt. Die Funktionsfähigkeit gerichtlichen Rechtsschutzes darf nicht durch Verfahren in Frage gestellt werden, in denen es auch für den Leistungsberechtigten nach dem SGB II erkennbar nicht um einen Betrag geht, der ihm irgendeinen wirtschaftlich sinnvollen Nutzen bringt.
Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Juli 2012 – B 14 AS 35/12 R