Jedenfalls im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist auch von Hilfedürftigkeit gem. §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II auszugehen.
Im vorliegend vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall hat die Antragstellerin plausibel und glaubhaft vortragen, dass sie im Jahr nach der Geburt ihres Kindes von Kinder- und Elterngeld gelebt hat und nach Ende des Elterngeldanspruchs lediglich über das Kindergeld verfügt und den jetzt streitigen Leistungsantrag gestellt hat. Vor der Geburt des Kindes mag sie auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen gewesen sein, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse unklar sein mögen. Dies ist für den aktuell geltend gemachten Leistungsanspruch der Antragsteller jedoch unbeachtlich. Denn gem. § 9 Abs. 3 SGB II sind Einkommen und Vermögen von Eltern leistungsberechtigter Kinder, die wie die Antragstellerin ihr Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs betreuen, nicht zu berücksichtigen. Die möglicherweise berechtigten Zweifel des Antragsgegners an der Hilfebedürftigkeit der Eltern der Antragstellerin sind damit im Rahmen der Prüfung des Anordnungsanspruchs der Antragsteller irrelevant.
Dafür, dass den Antragstellern (abgesehen vom Kindergeld) eigene Einkünfte zufließen, gibt es keine Anhaltspunkte. Das Landessozialgericht sieht sich auch zu weiteren Ermittlungen nicht gedrängt. Je eilbedürftiger eine Sache ist, desto eher sind Einschränkungen bei der Sachverhaltsermittlung statthaft bzw. geboten1.
Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den Regelleistungen um Leistungen handelt, deren Gewährung wegen ihrer existenzsichernden Funktion bereits Eilbedürftigkeit innewohnt. Ihre Zahlung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die dem Schutz der Menschenwürde dient2.
Leistungen mit dieser Zielrichtung dürfen nicht durch bloßes Infragestellen der Hilfebedürftigkeit versagt werden. Mutmaßungen zur (fehlenden) Hilfebedürftigkeit bieten bei fehlender existenzsichernder Grundlage jedenfalls keinen Anlass für weitere Ermittlungen, insbesondere wenn sich diese wie hier maßgeblich auf Umstände in der Vergangenheit stützen. Die Verlagerung von umfangreichen Ermittlungen in das Eilverfahren würde auch die Grenzen zwischen Eil- und Hauptsacheverfahren verwischen.
Dem Hauptsacheverfahren ist grundsätzlich die abschließende Klärung innerhalb der dort vorgesehenen verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen vorbehalten, nur ausnahmsweise ist eine frühere vorläufige Regelung zulässig, wenn dies mit Blick auf die verfassungsrechtliche Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs. 4 GG nach Maßgabe der o.a. Kriterien geboten ist3.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Juni 2013 – L 6 AS 170/13 B ER / L 6 AS 171/13 B